Wenn die Sprache auf die Konkurrenz durch Netflix und Amazon kam, dann verwiesen die deutschen Sender jahrelang auf die gleich bleibend hohe Nutzung des linearen Programms. Doch die VoD-Anbieter sind längst nicht mehr in einer Nische.
"Die größte Gefahr fürs Fernsehen geht in diesem Jahr vom Wetter aus" - so lautete die flotte Umschreibung des üblichen Verweises auf die nach wie vor sehr hohe lineare TV-Nutzung in Deutschland, die NDR-Fernsehprogrammdirektor Frank Beckmann bei der Diskussion nach der Vorstellung des neuen Digitalisierungsberichtes Video vorbrachte. Dass Beckmann, der auch für den zuletzt deutlich gestärkten ARD-Vorabend verantwortlich zeichnet, so gelassen sein kann, liegt allerdings vor allem auch am hohen Durchschnittsalter seiner Zuschauer.
Denn blickt man etwas genauer auf die Zahlen, die da im Auftrag der Landesmedienanstalten alljährlich ermittelt werden, dann belegen diese gerade einen wahrhaft dramatischen Wandel. Betrachtet man alle Personen über 14, so entfiel von der gesamten TV/Video-Nutzung 2018 der Studie zufolge noch 64,9 Prozent auf klassisches, lineares Fernsehen, die VoD-Nutzung lag bei 23,1 Prozent. Noch ein Jahr zuvor lag das Verhältnis bei 69 zu 18 Prozent. Dass die Ausschläge nicht deutlicher ausfallen, liegt aber vor allem daran, dass die über 50-Jährigen weiter dem linearen Fernsehen die Treue halten. In dieser Altersgruppe liegt der Linear-TV-Anteil quasi unverändert hoch bei 84,5 Prozent. Der VoD-Anteil wächst zwar, aber gemächlich von 5,4 auf 6,9 Prozent.
Doch der plötzliche Aktionismus bei den traditionellen Medienkonzernen – man denke an die Ausbaupläne von 7TV und TV Now - in diesem Jahr lässt sich verstehen, wenn man auf die Verschiebungen bei den Unter-30-Jährigen schaut. Denn die sind gewaltig: Auf klassisches lineares Fernsehen entfallt hier nur noch 28,7 Prozent der Nutzung, ein Rückgang um rund ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr. Auf VoD-Nutzung hingegen entfällt bereits 55,8 Prozent, was wiederum einem Wachstum binnen eines einzigen Jahres um über ein Viertel entspricht. 14- bis 29-Jährige sehen im Schnitt also inzwischen doppelt so viel VoD wie klassisches Fernsehen.
Durchschnittlicher Nutzungsanteil linear/non-lineare im Jahr 2018
Im VoD-Anteil sind neben Netflix, Amazon und YouTube natürlich auch die Mediatheken der klassischen Sender enthalten. Unter den Nutzern, die mindestens einmal im Monat VoD-Inhalte nutzen, gaben 34,2 Prozent an, YouTube zu nutzen, die öffentlich-rechtlichen Mediatheken kommen auf 28,5 Prozent, Amazon und Netflix auf jeweils knapp über 19 Prozent, die Mediatheken der Privatsender auf 16,5 Prozent. Netflix weist hier ein beachtliches Wachstum von satten 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf und zieht damit beinahe mit Amazon gleich, dem bislang klaren Marktführer in Deutschland. Da Netflix-Accounts häufiger geteilt werden als Amazon-Accounts, dürfte Amazon trotzdem weiterhin auf eine größere Abo-Anzahl kommen. Umgerechnet weist der Digitalisierungsbericht für Netflix und Amazon Prime Video nun jeweils 13,5 Millionen Nutzer aus.
Auch hier ist wieder der Blick auf die 14- bis 29-Jährigen interessant, geben sie doch auch einen Hinweis darauf, wie sich die Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Hier erreichte Netflix bereits mehr als jeden Zweiten – 54,4 Prozent aus dieser Altersgruppe geben an, Netflix zu nutzen, 46,4 Prozent Amazon Prime Video. Die Erzählung, die Streaming-Dienste würden noch immer eher eine Nische bedienen, können sich die TV-Konzerne künftig also eher sparen. Die Mediatheken der Privaten kommen bei den 14- bis 29-Jährigen übrigens noch auf 35 Prozent Nutzung, die Öffentlich-Rechtlichen sind selbst in dieser Altersgruppe mit 49 Prozent deutlich gefragter.
Die gute Nachricht aus Sicht der TV-Branche ist die wachsende Bereitschaft der Zuschauer, das Portemonnaie zu öffnen. 2017 zahlte etwas mehr als jeder Fünfte (20,7 Prozent) für Video-Inhalte aus dem Internet, nun sind es bereit 27,9 Prozent. Betrachtet man auch hier nur die 14- bis 29-Jährigen, dann geben bereits etwa zwei Drittel für VoD-Dienste Geld aus. Netflix und Amazon haben hier gewissermaßen ein Tor aufgestoßen, durch das auch die deutschen Sender nun zu gerne ebenfalls schreiten würden. Auch das ist eines der Ziele des Ausbaus von 7TV durch ProSiebenSat.1 und Discovery. Dort will man schließlich nicht nur weitere Anbieter auf die Plattform aufnehmen, um mit einem größeren Angebot gegen die US-Riesen bestehen zu können, sondern künftig neben dem kostenfreien, werbefinanzierten Angebot auch Bezahl-Angebote integrieren.
Alexander von Woikowsky, Chief Content Officer von 7TV, bestätigte auf der Veranstaltung noch einmal, dass man neben dem Eurosport Player auch das deutsche VoD-Portal Maxdome, für das anders als bei Netflix oder Amazon im Digitalisierungsbericht keine steigende Nutzung festgestellt werden konnte, in 7TV - bzw. dem Angebot, für das man noch immer nach einem neuen Namen ohne Verweis auf die rote Sieben von ProSiebenSat.1 sucht - aufgehen lassen wird. Die Marke Maxdome wird in diesem Zug dann vom Markt verschwinden. Und ansonsten gilt es vor allem, in lokale und damit exklusive Inhalte zu investieren, wie es die Sender ja nun allerorten angekündigt und teils auch schon umgesetzt haben. Denn die größte Gefahr fürs Fernsehen ist eben nicht mehr das Wetter.
Quelle; dwdl
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
"Die größte Gefahr fürs Fernsehen geht in diesem Jahr vom Wetter aus" - so lautete die flotte Umschreibung des üblichen Verweises auf die nach wie vor sehr hohe lineare TV-Nutzung in Deutschland, die NDR-Fernsehprogrammdirektor Frank Beckmann bei der Diskussion nach der Vorstellung des neuen Digitalisierungsberichtes Video vorbrachte. Dass Beckmann, der auch für den zuletzt deutlich gestärkten ARD-Vorabend verantwortlich zeichnet, so gelassen sein kann, liegt allerdings vor allem auch am hohen Durchschnittsalter seiner Zuschauer.
Denn blickt man etwas genauer auf die Zahlen, die da im Auftrag der Landesmedienanstalten alljährlich ermittelt werden, dann belegen diese gerade einen wahrhaft dramatischen Wandel. Betrachtet man alle Personen über 14, so entfiel von der gesamten TV/Video-Nutzung 2018 der Studie zufolge noch 64,9 Prozent auf klassisches, lineares Fernsehen, die VoD-Nutzung lag bei 23,1 Prozent. Noch ein Jahr zuvor lag das Verhältnis bei 69 zu 18 Prozent. Dass die Ausschläge nicht deutlicher ausfallen, liegt aber vor allem daran, dass die über 50-Jährigen weiter dem linearen Fernsehen die Treue halten. In dieser Altersgruppe liegt der Linear-TV-Anteil quasi unverändert hoch bei 84,5 Prozent. Der VoD-Anteil wächst zwar, aber gemächlich von 5,4 auf 6,9 Prozent.
Doch der plötzliche Aktionismus bei den traditionellen Medienkonzernen – man denke an die Ausbaupläne von 7TV und TV Now - in diesem Jahr lässt sich verstehen, wenn man auf die Verschiebungen bei den Unter-30-Jährigen schaut. Denn die sind gewaltig: Auf klassisches lineares Fernsehen entfallt hier nur noch 28,7 Prozent der Nutzung, ein Rückgang um rund ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr. Auf VoD-Nutzung hingegen entfällt bereits 55,8 Prozent, was wiederum einem Wachstum binnen eines einzigen Jahres um über ein Viertel entspricht. 14- bis 29-Jährige sehen im Schnitt also inzwischen doppelt so viel VoD wie klassisches Fernsehen.
Durchschnittlicher Nutzungsanteil linear/non-lineare im Jahr 2018
Du musst angemeldet sein, um Bilder zu sehen.
Im VoD-Anteil sind neben Netflix, Amazon und YouTube natürlich auch die Mediatheken der klassischen Sender enthalten. Unter den Nutzern, die mindestens einmal im Monat VoD-Inhalte nutzen, gaben 34,2 Prozent an, YouTube zu nutzen, die öffentlich-rechtlichen Mediatheken kommen auf 28,5 Prozent, Amazon und Netflix auf jeweils knapp über 19 Prozent, die Mediatheken der Privatsender auf 16,5 Prozent. Netflix weist hier ein beachtliches Wachstum von satten 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf und zieht damit beinahe mit Amazon gleich, dem bislang klaren Marktführer in Deutschland. Da Netflix-Accounts häufiger geteilt werden als Amazon-Accounts, dürfte Amazon trotzdem weiterhin auf eine größere Abo-Anzahl kommen. Umgerechnet weist der Digitalisierungsbericht für Netflix und Amazon Prime Video nun jeweils 13,5 Millionen Nutzer aus.
Auch hier ist wieder der Blick auf die 14- bis 29-Jährigen interessant, geben sie doch auch einen Hinweis darauf, wie sich die Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Hier erreichte Netflix bereits mehr als jeden Zweiten – 54,4 Prozent aus dieser Altersgruppe geben an, Netflix zu nutzen, 46,4 Prozent Amazon Prime Video. Die Erzählung, die Streaming-Dienste würden noch immer eher eine Nische bedienen, können sich die TV-Konzerne künftig also eher sparen. Die Mediatheken der Privaten kommen bei den 14- bis 29-Jährigen übrigens noch auf 35 Prozent Nutzung, die Öffentlich-Rechtlichen sind selbst in dieser Altersgruppe mit 49 Prozent deutlich gefragter.
Die gute Nachricht aus Sicht der TV-Branche ist die wachsende Bereitschaft der Zuschauer, das Portemonnaie zu öffnen. 2017 zahlte etwas mehr als jeder Fünfte (20,7 Prozent) für Video-Inhalte aus dem Internet, nun sind es bereit 27,9 Prozent. Betrachtet man auch hier nur die 14- bis 29-Jährigen, dann geben bereits etwa zwei Drittel für VoD-Dienste Geld aus. Netflix und Amazon haben hier gewissermaßen ein Tor aufgestoßen, durch das auch die deutschen Sender nun zu gerne ebenfalls schreiten würden. Auch das ist eines der Ziele des Ausbaus von 7TV durch ProSiebenSat.1 und Discovery. Dort will man schließlich nicht nur weitere Anbieter auf die Plattform aufnehmen, um mit einem größeren Angebot gegen die US-Riesen bestehen zu können, sondern künftig neben dem kostenfreien, werbefinanzierten Angebot auch Bezahl-Angebote integrieren.
Alexander von Woikowsky, Chief Content Officer von 7TV, bestätigte auf der Veranstaltung noch einmal, dass man neben dem Eurosport Player auch das deutsche VoD-Portal Maxdome, für das anders als bei Netflix oder Amazon im Digitalisierungsbericht keine steigende Nutzung festgestellt werden konnte, in 7TV - bzw. dem Angebot, für das man noch immer nach einem neuen Namen ohne Verweis auf die rote Sieben von ProSiebenSat.1 sucht - aufgehen lassen wird. Die Marke Maxdome wird in diesem Zug dann vom Markt verschwinden. Und ansonsten gilt es vor allem, in lokale und damit exklusive Inhalte zu investieren, wie es die Sender ja nun allerorten angekündigt und teils auch schon umgesetzt haben. Denn die größte Gefahr fürs Fernsehen ist eben nicht mehr das Wetter.
Quelle; dwdl
Anhänge
Du musst angemeldet sein, um die Anhangsliste zu sehen.