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Maulkorb für kritische Jobcenter-Mitarbeiterin?

TV Pirat

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Soll eine kritische Jobcenter-Mitarbeiterin mundtot gemacht werden, weil sie Hartz IV öffentlich kritisiert?


Inge H. betreibt seit einiger Zeit einen privaten Blog. Auf diesem deckt sie regelmäßig Missstände auf, kommentiert aktuelle Geschehnisse und kämpft für die Menschenrechte von Hartz IV Betroffenen. Mit spitzer Feder, aber auch Sachlichkeit und guten Recherchen schreibt sie über das Hartz-IV-System. Sie teilt öffentlich mit, dass sie nicht gegen die Bundesagentur für Arbeit kämpft, sondern für Etwas. Das besondere: Inge H ist selbst Mitarbeiterin der Hamburger „Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration“ (BASFI) im „Jobcenter team.arbeit.hamburg“.

In ihren Beiträgen fordert sie wiederholt die Einhaltung des Grundgesetzes innerhalb der Hartz IV-Gesetze und spricht sich für Mitarbeiter/innen in den Behörden aus, die eine entsprechende Ausbildung bekommen und mit Empathie den Menschen auch in den Ämtern begegnen. In diesem Zusammenhang macht sie sich auch für die Abschaffung aller Sanktionen bei Hartz IV stark und kämpft gegen die alltägliche Willkür in den Jobcentern.

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Soll Inge H. mundtot gemacht werden?

Eben jene Kritik hat nun die Stadt Hamburg als Arbeitgeber veranlasst, Inge H. zu einer Anhörung vorzuladen. In der Vorladung war unter anderem folgender skandalöser Satz zu lesen: „Über die Inhalte des Blogs und darüber, ob und wieweit Sie an diesen Inhalten in Zukunft festhalten oder davon abrücken möchte würden wir gern ein persönliches Gespräch mit Ihnen führen.“ Hier muss man sich fragen, ob ein versteckter Versuch der Einschränkung des Artikel 5 des Grundgesetzes vorliegt. Denn noch immer ist es jedem Menschen erlaubt, seine Meinung frei zu äußern. Zweifelhaft ist auch, dass die Vorladung nur zwei Tage vor dem Termin ausgehändigt wurde.

„Frau Inge H. braucht unsere Unterstützung“, mahnt Sebastian Bertram von der „gegen-hartz.de“ Redaktion. „Jeder Versuch sie mundtot zu machen, muss mit dem Herstellen einer breiten Öffentlichkeit und viel Protest begegnet werden“. Die Anhörung findet morgen, den 8. März statt. Über den Fortgang werden wir weiter berichten.

Hartz IV Urteil: WAV in Berlin unwirksam

Quelle: gegen-hartz
 
AW: Maulkorb für kritische Jobcenter-Mitarbeiterin?

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AW: Maulkorb für kritische Jobcenter-Mitarbeiterin?

Das ist doch logisch und sogar ein Entgegenkommen des Arbeitgebers. Jeder Arbeitnehmer hat sich entsprechend seiner Tätigkeit verantwortlich und lojal zu verhalten. Wo kämen wir hin, wenn jeder die ihm zur Kenntnis gekommenen Interna rausträgt und dabei sogar noch Stimmung gegen seinen "Brötchengeber" macht. Da gibt es eindeutige Rechtsprechungen vor Arbeitsgerichten.
 
AW: Maulkorb für kritische Jobcenter-Mitarbeiterin?

@Pinscher, im Grunde muss ich Dir Recht geben. Jedoch handelt es sich hier um einen Arbeitgeber der aus Steuergeldern finanziert wird und da, finde ich es angebracht, wenn Missstände aufgedeckt werden. Auch dazu gibt es glaube ich ein Gesetz, das einen Mitarbeiter vor Repressalien von Seiten des Arbeitgebers (wegen Misstände oder Unregelmäßigkeiten) schützt Zum Glück sind wir noch nicht zu 100% versklavt.

Gruß
claus13
 
AW: Maulkorb für kritische Jobcenter-Mitarbeiterin?

Grade Arbeitnehmer, die aus Steuergeldern finanziert werden, haben eine besondere Lojalitätspflicht, Beamte noch eine Schüppe mehr. Für das Aufdecken von Missständen gibt es interne Wege. Und "das Gesetz" ist genau darauf abgestimmt, ganz besonders im öffentlichen Bereich. Da sind schon viele übereifrige Aufklärer, oft dem Empfinden nach zu Unrecht, arbeitslos geworden.

Das mit den 100% Sklaverei ist nicht ganz richtig, aber so etwa 95% trifft sicherlich zu. :DDD
 
Eine Jobcenter-Mitarbeiterin kämpft gegen Hartz IV

"Friedlich und konstruktiv gegen diese gewollte Abhängigkeit im System von Hartz IV und deren Umsetzung"

Offenbar sehr zum Missfallen ihres Arbeitgebers engagiert sich Frau Inge Hannemann, Jobcenter-Mitarbeiterin aus Hamburg, mit ihrem Blog gegen Sanktionen und Ungerechtigkeiten im Hartz IV-System. Sie tritt öffentlich bei Veranstaltungen auf, weigert sich Strafen gegen ihre „Kunden“ auszusprechen und solidarisiert sich aktiv mit Betroffenen. Am Freitag sollte eine Anhörung seitens des Arbeitgebers stattfinden. Dazu hatte die Behörde kurzfristig eingeladen und dann überraschenderweise ebenso wieder schnell ausgeladen. Was ist passiert? Wir haben bei Frau Hannemann direkt nachgefragt:

Frau Hannemann, Sie wurden gestern durch ihren Arbeitgeber zu einer Anhörung vorgeladen. Wie ist das Gespräch verlaufen?

Das Gespräch wurde am Donnerstag Nachmittag kurzfristig durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) der Stadt Hamburg per Anrufbeantworter abgesagt. Es gab zunächst keine Angaben von Gründen. Ebenso war zunächst nicht bekannt, ob der Anruf tatsächlich von der Behörde kam, da kein Name genannt wurde. Ein Rückschluss konnte nur anhand der sichtbaren Telefonnummer geschlossen werden. Da ich noch eine aktuelle Krankmeldung zuhause hatte, musste ich diese aus Zeitgründen, um die rechtzeitige Abgabe zu gewährleisten, bei der BASFI persönlich abgeben. Mit einem Beistand bin ich dann gegen 10 Uhr zur BASFI gefahren. Es bestand ja noch die Unsicherheit, ob der anonyme Anruf tatsächlich durch die Behörde kam oder ein Fake war. So wollte ich sicherstellen, dass der anberaumte Termin um 10 Uhr zur Anhörung durch meine Person wahrgenommen wird.

Bei der Bitte um Einlass per Klingeln und Sprechanlage, wurde mir mitgeteilt, dass jemand käme, weil die Tür sich so nicht öffnen ließe. Im Eingangsbereich stand bereits schon ein Sicherheitsdienst im Zivil, was mir bisher so nicht bekannt war und bei vorherigen Besuchen entgegenkommen ist. Der Verwaltungschef öffnete uns die Tür und fragte, ob ich Frau Hannemann sei. Dieses bestätigte ich. Ich fragte nach seiner Funktion, welche er bereitwillig mitteilte. Bereits kurz danach telefonierte er mit dem Handy. Wir fuhren mit dem Fahrstuhl in die Etage der Sachbearbeitung Personal und wurden dort von einer anderen Person in Empfang genommen und zur Sachbearbeitung begleitet. Die Stimmung auf dem Gang empfand ich als sehr angespannt. Auch waren alle Türen geöffnet. Nach Abgabe der Krankmeldung verließen wir das Gebäude und trafen erneut im Eingangsbereich auf den Sicherheitsdienst. Anschließend sind wir in das im Haus angegliederte Einkaufszentrum, um dort noch in Ruhe einen Kaffee zu trinken.

Während des Kaffeegenusses stellten wir fest, dass neben dem Verwaltungschef auch andere Personen in Zivil uns sozusagen umkreisten und beobachteten. Nach rund einer 3/4 Stunde verließen wir das Einkaufszentrum. Auf dem Weg zur U-Bahn sind mir bekannte Gesichter aus meiner Jobcenter-Zentrale entgegen gekommen, welche in Richtung Eingang der BASFI gelaufen sind. Wie mir inzwischen bekannt ist, ging eine von mir unabhängige Person gegen 10 Uhr ebenfalls zur BASFI, um in Erfahrung zu bringen, wie es um meine Anhörung steht. Er wurde im Eingangsbereich der Behörde von einem Polizisten empfangen und in Begleitung zur Personalverantwortlichen begleitet. Dort teilte man ihm mit, dass keine Anhörung stattgefunden habe, jedoch man sich um die Fürsorge gegenüber den Mitarbeitern kümmere und ich keine Kündigung zu befürchten habe.

Was meinen Sie, warum wurde die Anhörung erst kurzfristig anberaumt und dann genauso schnell wieder abgesagt?

Aufgrund meines Urlaubs bis zum 4. März, haben sie wohl keine andere Möglichkeit gesehen, mir die „Vorladung“ persönlich zu überreichen. Dieses geschah in Begleitung einer Zeugin in meinem Büro, mitten im Gespräch mit einem Leistungsberechtigten. Die Einladung selbst stammt vom 27. Februar 2013. Ebenso muss ich davon ausgehen, dass versucht wurde, mir sowenig Zeit wie möglich zu lassen, einen Beistand zu organisieren. Der Versuch meinen sonstigen Beistand – die Gleichstellungsbeauftragte der team.arbeit.hamburg zu erreichen, schlug fehl, da sich diese bis zum eigentlichen Termin der Anhörung am 6. März sich nicht im Hause befand. Telefonisch bat ich um die Verlegung des Termins. Hier machte man deutlich, dass eine Verlegung maximal bis zum 8. März möglich sei. Zu weiteren Kompromissen war die Behörde nicht bereit. Allerdings gestand man mir zu, dass ich eben bis zum 8. März Rücksprache mit meinen Anwälten halten darf. Der Personalrat war ebenfalls am Tag meines Anrufes zwecks Terminverlegung komplett nicht im Haus. Jedoch rief später eine Personalratsvertretung an und sicherte mir die Begleitung als Zeugin zu. Sie war jedoch nicht wirklich über meinen Fall informiert.

Nach dem Besuch bei der BASFI, um die Krankmeldung abzugeben, hatte ich um 8.50 Uhr einen Anruf auf meinem Anrufbeantworter durch die Abteilungsleiterin Personal- und Organisationsmanagement. Diese begründete die kurzfristige Absage damit, dass sie zur Gewährleistung ihrer und meiner Sicherheit den Termin abgesagt haben, weil sie gestern (7. März) davon ausgehen mussten, dass hier vielleicht 100 oder 200 Personen eine Kleindemonstration machen.

Was will Ihr Arbeitgeber damit erreichen?

Denke ich negativ, muss ich davon ausgehen, dass man mich mit der knappen Zeit zwischen Einladung und Termin oder der kurzfristigen Absage des Termins unter Druck setzen wollte. Druck in dem Sinne, dass ich mich kaum mit meinen Anwälten beraten kann.

Denke ich positiv, so kann ich die Angst vor einer Anzahl unbekannter Personen verstehen. Wer und insbesondere die Behörden, wollen negative Presse? Aus der Sicht der BASFI war die Lage nicht mehr einzuschätzen.

Wie reagieren Ihre Kollegen auf Ihr Engagement? Gibt es noch weitere Mitarbeiter in den Jobcentern, die ähnlich denken wie Sie?

Meine Kollegen reagieren sehr unterschiedlich. So gibt es durchaus Kollegen, die leise mein Engagement schätzen. Und andere wiederum, die dieses durch Missachtung oder Vermeidung von persönlichen Gesprächen mit mir, verurteilen.
Man achtet darauf, nicht mit mir in den Räumen meines Jobcenters in Kontakt zu treten.

Inzwischen melden sich jedoch immer mehr Mitarbeiter der Agentur für Arbeit als auch aus den Jobcentern aus Hamburg und bundesweit, die mich im Hintergrund unterstützen wollen. Sie fragen nach Möglichkeiten, wie sie mir helfen können. Zum Teil anonym, aber auch zum Teil ganz offen.

Erhalten Sie Unterstützung durch Arbeitnehmervertreter oder der Gewerkschaft Ver.di?

Meine Anfrage bei Verdi Hamburg für rechtlichen Beistand, welche ich bereits vor Monaten gestellt habe, wurde mit der mündlichen Begründung abgelehnt, dass ich über meine Loyalität gegenüber des Arbeitgebers nachdenken solle. Ebenso dürfe auch ein Gewerkschafter nicht über seine eigene Gewerkschaft schreiben. Eine schriftliche Begründung liegt mir bis heute nicht vor. Jedoch erklären sich andere Verdi-Gemeinschaften mit mir solidarisch. Auch hat sich ein Vertreter eines Betriebsrats eines bundesweiten Großunternehmens bereit erklärt, mich zu beraten oder auch zu begleiten, sofern es nötig ist.

Werden Sie unter diesen Umständen noch weiter ihren Beruf ausüben können?

Ja, diese Möglichkeit sehe ich durchaus. Insbesondere in den Beratungsgesprächen mit meinen jungen Leistungsberechtigten sehe ich nicht die Diskussion um mich, sondern primär die Notwendigkeit der praktischen Hilfe, unter Berücksichtigung der Menschenwürde im Jobcenter. Gerade, weil diese oftmals vergessen wird, finde ich es wichtig, sie zu beachten und vor allem anzuwenden.

Wie können wir bzw. die Leser Sie unterstützen? Welche Möglichkeiten gibt es?

Um eine Diskussion und das Nachzudenken über die Abläufe in vielen Jobcentern, wie nachgewiesene Willkür, Beratungsdefizite, die zum Teil fehlende Berücksichtigung der Menschenwürde anzuregen, benötigt es eine Unterstützung durch die breite Öffentlichkeit wie die Medien, sozialen Netzwerke, Blogs und öffentliche Veranstaltungen. Das können Vorträge über Hartz IV und deren tatsächlichen Auswirkungen sein, aber auch öffentliche friedliche Kundgebungen. Betroffene, Engagierte, Interessierte, Persönlichkeiten, Kritiker, Politiker, Verbände und Initiativen gehören auf die Straße, um friedlich und konstruktiv gegen diese gewollte Abhängigkeit im System von Hartz IV und deren Umsetzung zu demonstrieren. Ein gutes Beispiel sind die bereits geführten Diskussionen in den sozialen Netzwerken oder die zahlreichen Kommentare auf den unterschiedlichsten Blogs.

Wie ich erfahren habe, sind in den letzten Tagen per Mail Schreiben an die Bundesagentur für Arbeit Nürnberg, dem Hamburger Senat (Herr Olaf Scholz), Jobcenter Hamburg und team.arbeit.hamburg (Zentrale Jobcenter Hamburg) Solidaritätsbekundungen meiner Person und Hinweise auf die Berücksichtigung des Grundgesetzes versendet worden. Aber nur Hamburg ist zu wenig. Die Konzentration muss bundesweit gelegt werden. Wichtig ist die Kontinuität. Warum nicht Trittbrettfahrer sein, im Jahr der Bundestagswahl? An dieser Stelle, möchte ich mich bei allen bundesweiten Unterstützern für die bisherige Hilfe ganz herzlich bedanken.

Quelle: gegen-hartz
 
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