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PC & Internet Kanzlei U+C mahnt 22 Mal das falsche Werk ab

Kanzlei U+C mahnt 22 Mal das falsche Werk ab

Kanzlei U+C mahnt 22 Mal das falsche Werk ab

Ein aktueller Fall der Regensburger Abmahnkanzlei U+C zeigt, dass man nicht an die technische Unfehlbarkeit der Piratenjäger glauben sollte. Deren Logging-Unternehmen "BHIP reliable Netservices" hat nachweislich 20 IP-Adressen für eine Rechtsverletzung ermittelt, die von den Anschlussinhabern jedoch nicht begangen wurde.

"Bisher ist uns jedoch kein Fall eines technischen Fehlers der anti-piracy Software bekanntgeworden", so eine Feststellung auf der Homepage der Regensburger Abmahnkanzlei Urmann und Kollegen (U+C). Diesen Kenntnisstand möchten wir an dieser Stelle sehr gerne aktualisieren. Wie im Nachfolgenden geschildert wird, passieren nämlich technische wie auch menschliche Fehler. Diese mögen verschwindend gering sein, wenn man die Gesamtzahl an Abmahnungen betrachtet. Besser werden sie dadurch aber auch nicht.


Getroffen hat es diesmal die Regensburger Abmahnkanzlei U+C. Diese kooperiert mit dem Logging-Unternehmen "BHIP reliable Netservices". Besonders verlässlich (engl. reliable) war deren Datenerhebung im konkreten Fall jedoch nicht. Im Auftrag von Koch Media lässt die Kanzlei Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen verfolgen. Dabei erwischte es unter anderem Herrn Meier*.

In einer Abmahnung der Kanzlei Urmann + Collegen (U+C) wird Herrn Meier vorgeworfen, ein urheberrechtlich geschütztes Filmwerk des Rechteinhabers Koch Media GmbH verbreitet zu haben. Das streitgegenständliche Werk trägt den Titel "Outlander". In einer Tauschbörse soll es durch ihn zur Verfügung gestellt worden sein. Herr Meier hat zwar die Tauschbörsensoftware eMule installiert, doch dies stellt alleine kein Verbrechen dar. Schließlich kann man eMule & Co. auch für andere Zwecke nutzen.

Die Suche nach dem Fehler


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Was erschwerend hinzukommt ist, dass sich Herr Meier sicher ist, das fragliche Filmwerk nicht heruntergeladen zu haben. Er verweigert die Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung sowie die Zahlung der Kosten. Stattdessen wendet er sich an das Landgericht Köln. Vor diesem Gericht war die Beschlussakte ergangen, mit der die Abmahnung überhaupt erst möglich wurde.

Relativ unspektakulär stellt Herr Meier einen formlosen Antrag auf Auskunft. Diesem fügt er die Aktennummer des Landgerichts sowie eine Kopie seines Abmahnschreibens bei. Die Akteneinsicht wird gewährt. Das Ergebnis ist jedoch problematisch. Zwar klären sich viele Fragen, aber dafür kommen viele neue hinzu.
Etikettenschwindel

Für Herrn Meier wird nämlich ersichtlich, welcher Hashwert der fraglichen Datei "Outlander%20German%202008%20Ac3%20Dvdrip1.avi" zugeordnet wurde. Dieser lautete: DD3F8263E0A7F9A7E5D904429D0C54D1. Da sich Herr Meier nach wie vor sicher war, das fragliche Filmwerk nicht heruntergeladen oder verbreitet zu haben, führte er Recherchen durch, die jeder nachvollziehen oder gar selber durchführen kann.

Eine erste Spontansuche des Dateinamens beförderte (zumindest im Februar) ans Tageslicht, dass die fragliche Datei tatsächlich existierte. Auch der Hashwert stimmte überein. Der Unterschied zwischen "Outlander German 2008 Ac3 Dvdrip1.avi" und "Outlander%20German%202008%20Ac3%20Dvdrip1.avi" ist schnell erklärt: Die eMule-Link Codierung ersetzt Leerzeichen durch das Kürzel "%20". Es ist also der gleiche Dateiname.

Herr Meier ist aber noch immer irritiert und will Klarheit. Er wirft die fragliche Datei in den Download und lädt sie erneut an. Nachdem eMule einige Quellen erfasst hat, lässt sich Herr Meier die alternativen Dateinamen anzeigen. Bekanntermaßen kann ein identisches Werk bei eMule unter verschiedenen Begriffen auftauchen. Bloß weil eine Datei "Neuer Kinofilm" heißt, bedeutet dies nicht, dass der tatsächliche Inhalt auch ein neuer Kinofilm ist.

Sofort fällt auf: Der Dateiname "Outlander%20German%202008%20Ac3%20Dvdrip1.avi" erscheint nur einmal. Ein kurzer Blick auf die meisten Quellen verdeutlicht, was sich hinter dem Dateinamen in Wahrheit verbirgt: Der Pornofilm "Private Gold 106 Sluts And The City". Auch eine kurze Google Suche nach dem Hashwert führt primär zu dem Pornofilm. Ein weiterer ed2k-Stats Abgleich ergibt ebenfalls, dass der fragliche Hashwert zu dem Pornofilm gehört.

Ein finaler Check


ed2kstats.jpg


Inzwischen ist sich Herr Meier klar: Er wurde für ein Filmwerk abgemahnt, dass er nicht verbreitet hat. Von den weiteren damit einhergehenden Problemen einmal ganz abgesehen. Eine letzte Überprüfung will Herr Meier noch durchführen. Er durchsucht sein Filmarchiv auf der Festplatte und wird tatsächlich fündig. Der fragliche Pornofilm liegt auf seiner Platte. Mit der Freeware "eMule Link Creator" lässt er den Hashwert der Datei ermitteln. Das Ergebnis: DD3F8263E0A7F9A7E5D904429D0C54D1.

Der ermittelte Hashwert der Logging-Firma ist somit zwar korrekt. Hinter diesem verbirgt sich jedoch nicht der Film "Outlander". Nur für diesen hätte die Kanzlei U+C eine Abmahnung aussprechen dürfen. Eine Aktivlegitimation von "Private" liegt der Kanzlei wahrscheinlich nicht vor.
Herr Meier ist nicht allein...

Die gesamte Beschlussakte umfasst 1074 Zeilen. Pro Zeile gibt es eine IP-Adresse. Folgende Werke wurden abgefragt:

* Outlander (Film)
* Nine Miles Down (Film)
* Lesbian Vampire Killers - BIS(S) zur Morgenlatte (Film)
* Risen (XBOX 360)
* Cursed Mountain (Nintendo Wii).

Durch seinen Fund ist Herr Meier motiviert und prüft alle weiteren "Outlander-Abgemahnten". Seine Ergebnisse können wir bestätigen: In 19 weiteren Fällen liegt ein Fehler vor. Die Hashsumme führt nicht zum fraglichen Filmwerk "Outlander". Bei einer Überprüfung der weiteren Werke stellt sich ebenfalls schnell heraus: Auch bei "Cursed Mountain" ist ein Fehler unterlaufen. In zwei Fällen ist nicht das Spiel, sondern der Film "The Divorcee" betroffen.
22 Fehler bei angeblicher "Fehlerlosigkeit"

1074 IP-Adressen, abgefragt durch eine Kanzlei, führen zu 22 falschen Abmahnungen. Eine geringe aber dennoch nicht zu akzeptierende Fehlerquote. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Kanzlei U+C nicht alleine auf dem Abmahnmarkt agiert. Wie sieht die Situation möglicherweise bei der Konkurrenz aus? Klar ist, das Landgericht Köln hätte diesen Beschluss nie erlassen dürfen. Die Kanzlei U+C hätte die fraglichen Datensätze nie abfragen dürfen. Von den daraus resultierenden Abmahnungen ganz zu schweigen.

Am Rand seien als besonders pikantes Detail noch die eidesstattlichen Erklärungen unter andem vom Logging Unternehmen "BHIP reliable Netservices" erwähnenswert. So erklärt der Geschäftsführer der BHIP reliable Netservices, Herr Florian Blischke, an Eides statt: "Bei einem visuellen Abgleich der angebotenen Datei mit dem jeweiligen Originalwerk durch einen meiner Mitarbeiter oder mich selbst wurde eine Übereinstimmung festgestellt. Der in der Anlage [...] angefügten Liste aufgeführten Hashwerte ist den in gleicher Zeile der Liste aufgeführten urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnen." Wie man einen Kinofilm mit einem Hardcore-Pornofilm verwechseln konnte, ist uns schleierhaft.

Aber insbesondere die offensichtlich lasche Unterzeichnung des Auskunftsbeschlusses gibt uns zu bedenken. Spätestens hier hätte eine umfangreiche Prüfung durch das Gericht stattfinden müssen. Da die Kanzlei U+C ihr Anliegen glaubhaft und seriös vorbrachte, mag es dafür bisher keinen Grund gegeben haben. Dies sollte sich jedoch in Zukunft ändern.

*Name von der Redaktion geändert

Quelle: gulli
 
AW: Kanzlei U+C mahnt 22 Mal das falsche Werk ab

Update

Wir haben heute früh bei der Kanzlei Urmann und Kollegen per Fax, telefonisch und E-Mail um eine Stellungnahme gebeten. Bislang wurde auf unsere Anfrage noch nicht reagiert. Auch unserer Gesprächsangebot an den Geschäftsführer der "BHIP reliable Netservices" blieb noch unbeantwortet.

Quelle: Gulli
 
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