TV Pirat
Elite Lord
Bundestagswahl 2013
Historischer Triumph für die Kanzlerin. Die Union klar vorn und gegenüber der Wahl 2009 stark verbessert.
Die FDP bricht krass ein und könnte den Einzug in den neuen Bundestag verpassen.
Auch die SPD ist im Plus.
Grüne und Linke verlieren.
Die Alternative für Deutschland könnte in den Bundestag einziehen.
Die Piraten spielen keine Rolle.
Wer nach der Wahl regieren wird – vier Szenarien
Deutschland wählt, doch die letzten Umfragen sehen ein Patt zwischen Regierung und Oppositionslager. Ist am Ende doch nur die große Koalition möglich? Die "Welt" erklärt die denkbaren Szenarien.
In Erinnerung bleiben zwei Gesten, immerhin. Der Stinkefinger von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und die Raute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Nur eine dieser Gesten war neu. Auch das noch. Es war ein Wahlkampf zwischen leicht erratischer Attacke und einschläferndem Hinhalten.
In den zurückliegenden Tagen vor der Bundestagswahl bestimmten TV-Formate die Debatten, in denen klar wurde, dass die Politiker allesamt höchst nervös sind. Eine inhaltliche Diskussion fand kaum statt. Außer der Partei Die Linke setzten die Parteien auf stark personalisierte Kampagnen.
Wohl deshalb gab es neben einer kaum überschaubaren Fülle an klassischen Umfragen auch kuriose wie die, ob die Deutschen eher einem Bartträger oder einem glatt Rasierten vertrauen. Ergebnis übrigens: Jeder Dritte empfindet Gesichtsbehaarung als einen Ausweis von Bürgernähe. Immerhin werden die Glatten für kompetenter gehalten. Das spricht für Angela Merkel und Peer Steinbrück.
Zurück zu den wichtigen Dingen. Zurück zu den Gewissheiten: Die Union wird am Sonntagabend vor der SPD liegen. Der Rest ist ungewiss. Eine wochenlange Blockade bei der Regierungsfindung ist durchaus möglich. Die entscheidenden Fragen sind: Kommt die FDP in den Bundestag? Kommt die AfD in den Bundestag? Setzt sich der Niedergang der Grünen fort? Wird sich die SPD untreu?
Szenario eins: Die FDP kommt in den Bundestag
Die Partei hat seit dem Desaster der Bayern-Wahl alle Energie einer Zweitstimmenkampagne gewidmet. Ohne Rücksicht darauf, ob sich das eigentlich schickt und ob der Union das schmeckt. In Berlin konnte man gleich nach der Bayern-Schlappe Plakate entdecken, auf die erregte Zeitgenossen mit wasserfestem Stift geschrieben hatten: "Begreift es endlich!" Am anderen Tag waren diese mit einem altrosa Zettel überklebt: "Zweitstimme FDP".
Der Zweitstimmen-Übertrag führt nur zum Austausch innerhalb des bürgerlichen Lagers. An der Mehrheitsfähigkeit von Schwarz-Gelb ändert das nichts. Zusammen hatten beide Parteien in letzten Umfragen um die 45 Prozent. Das könnte knapp reichen oder auch nicht. Allerdings darf die Statistik bemüht werden: Die Union war bei den Wahlen 2005 und 2009 viel besser taxiert worden, als das Ergebnis am Ende war. Schwarz-Gelb ist folglich nicht das wahrscheinlichste Szenario.
Szenario zwei: Die FDP kommt nicht in den Bundestag
Falls es für Schwarz-Gelb nicht reicht, bleibt Angela Merkel noch die SPD als Partner. Ein schwarz-grünes Bündnis ist eher ein Medien-(Alb)Traum als realistische Option. Von den Sozialdemokraten gab es unterschiedliche Signale. Peer Steinbrück machte deutlich, im Falle des Falles sogar die Koalitionsverhandlungen führen zu wollen. Obwohl er versichert, einem Kabinett unter Merkel nicht angehören zu wollen.
Die SPD hat Bange vor einer großen Koalition. Im Hinblick auf den Zuspruch in der Bevölkerung ist ihr die schon zwischen 2005 und 2009 nicht bekommen. Unangenehm für die Union wäre die Postenverteilung. Inhaltlich sind die Parteien gar nicht so weit auseinander. Genannt seien nur Mietpreisbremse, ein irgendwie gearteter Mindestlohn, die Regionalisierung der Krankenversicherung, Ganztagsschule, Frauenquote.
Personell aber müsste die CDU einiges hinnehmen. So wird die CSU nach ihrem Wahlsieg auf drei Ministerien bestehen. Mit dem Kanzleramt sind 15 Häuser zu verteilen. Bleiben zwölf, von denen die SPD auf mindestens fünf bestehen dürfte, schon um das Abstandsgebot zur CSU zu wahren. Abzüglich des Kanzleramts bleiben für die CDU sechs Ministerien übrig – Interessenten gibt es aber dafür wohl erheblich mehr. Gleichwohl ist die große Koalition von allen Szenarien die wahrscheinlichste.
Szenario drei: Die AfD kommt in den Bundestag
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist die große Unbekannte in den Berechnungen. Meist sehen sie die Meinungsforscher nicht als Teil des Bundestages. Doch eine Garantie wollte dafür keiner abgeben. Es wäre die erste neue Partei im Bundestag seit der PDS 1990.
Keiner will mit der AfD koalieren. Mit Euro-Gegnern lasse sich kein Bündnis schmieden, heißt es in der Union. Tatsächlich wäre es höchst ungewöhnlich, wenn es dabei nicht bliebe. Nicht nur aufgrund der inhaltlichen Differenzen. Die Neulinge sind unkalkulierbar. Ihnen fehlt es an Erfahrung.
Auch lehrt die Geschichte, dass Koalitionen im Bund erst möglich werden, wenn dementsprechende Farbkombinationen in Bundesländern vorausgegangen sind. Und noch sitzt die AfD in keinem Landtag. In Bayern ist sie aus Angst, grandios zu scheitern, gar nicht angetreten. Beim Einzug der AfD dürften sich die Mehrheitsverhältnisse so ändern, dass das Szenario große Koalition unumgänglich wird.
Szenario vier: Es reicht für ein linkes Bündnis
Auch hier sehen die Demoskopen eine rechnerische Möglichkeit, wenngleich eine sehr knappe. Rot-Rot-Grün hat Peer Steinbrück aber ausgeschlossen. Jedoch kursieren Gerüchte, dass es in der SPD zur Meuterei kommt und ein Kanzler Sigmar Gabriel das Linksbündnis durchziehen würde. Der Gesichtsverlust wäre jedoch enorm für die SPD. Aber, und das wird meist übersehen, auch für die Linke.
Denn die Truppe um Gregor Gysi hat sich deutlich von der SPD distanziert. Zwar ist bei der Linken relative Ruhe eingekehrt. Die Frage, ob man regieren oder opponieren will, ist nicht mehr so virulent. Die Linke würde durchaus mitregieren. Sie will jedoch von ihren Bedingungen kein Jota abweichen. Die lauten: keine Auslandeinsätze der Bundeswehr, Hartz IV reformieren und am besten abschaffen und die Rente mit 67 kippen.
All das wird mit der SPD sehr schwierig. Auch hat die Linke die gesamten Euro-Rettungspläne der Regierung bisher abgelehnt. Im Gegensatz zur SPD. Und Europa bleibt in der nächsten Legislaturperiode ein Thema. Ein Bündnis ist deshalb eher ein Schreckensgespenst, das das konservative Lager beschwört, als eine echte Option.
Ähnlich verhält es sich im Hinblick auf eine Tolerierung von Rot-Grün durch die Linke. Das gab es zwar schon in verschiedenen Ländern. Allerdings fehlt es Rot-Grün nach derzeitigen Prognosen nicht bloß an ein oder zwei Sitzen, um eine Mehrheit zu erreichen. Vielmehr könnte es am Ende gut so ausgehen, dass die Linke stärker aus der Wahl hervorgeht als die Grünen. Sie verloren zuletzt deutlich an Zustimmung. Eine Tolerierung macht dies noch unwahrscheinlicher, als sie ohnehin schon ist.
Der Bundestag wird groß
Bei aller Unsicherheit, eines ist noch gewiss: Der nächste Bundestag wird größer als der alte. Und das liegt nicht an den 34 Parteien, die diesmal antreten. Denn die Fünf-Prozent-Hürde gilt ja nach wie vor. Das liegt am neuen Wahlrecht. Grundsätzlich haben die 61,8 Millionen Wähler zwei Stimmen. Mit der ersten wählen sie einen Direktkandidaten. Mit der zweiten eine Partei. Dann wird es kompliziert.
Nur die Zweitstimme definiert, wie viele Sitze eine Partei im Parlament bekommt. Gleichzeitig ziehen alle Direktkandidaten ein. So kann es geschehen, dass einer Partei etwa nur 100 Sitze zustehen, sie aber 110 Direktkandidaten hat. Deshalb ist die Union ja auch so beleidigt über die Zweitstimmenkampagne der FDP, denn je mehr Zweitstimmen ihr verloren gehen, desto mehr Sitze werden zu sogenannten Überhangmandaten.
Die Zweitstimme ist aufgewertet
Bis zur Reform des Wahlrechts 2013 war das egal. Jedes Überhangmandat erfreute die Partei, die es bekam. Diesmal ist alles anders. Denn die Zweitstimme wurde in ihrer Bedeutung aufgewertet. Das Verhältnis der Parteien nach dem Zweitstimmenergebnis muss trotz Überhangmandaten gewahrt bleiben. Das bedeutet, dass diejenigen, die keine solchen Mandate bekommen, so lange "aufstocken" oder "ausgleichen" dürfen, bis alles wieder im Lot ist.
In unserem Beispiel hieße das: Wenn Partei A 110 Sitze einnimmt, obwohl ihr nur 100 zustehen, darf Partei B, die nur 50 hat, noch einmal 5 Sitze belegen, damit das Verhältnis von 2:1 wieder stimmt. Dadurch wird der Bundestag größer. Derzeit hat er 620 Abgeordnete, davon 22 Überhangmandate. Nach dem neuen System säßen 671 Parlamentarier drin. Die Medienberichte von 2009 – Parlamentarier auf der Suche nach Büroräumen – dürften nach dem 22. September eine zahlreiche Wiederauferstehung erfahren.
Quelle: welt.de
Historischer Triumph für die Kanzlerin. Die Union klar vorn und gegenüber der Wahl 2009 stark verbessert.
Die FDP bricht krass ein und könnte den Einzug in den neuen Bundestag verpassen.
Auch die SPD ist im Plus.
Grüne und Linke verlieren.
Die Alternative für Deutschland könnte in den Bundestag einziehen.
Die Piraten spielen keine Rolle.
Wer nach der Wahl regieren wird – vier Szenarien
Deutschland wählt, doch die letzten Umfragen sehen ein Patt zwischen Regierung und Oppositionslager. Ist am Ende doch nur die große Koalition möglich? Die "Welt" erklärt die denkbaren Szenarien.
In Erinnerung bleiben zwei Gesten, immerhin. Der Stinkefinger von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und die Raute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Nur eine dieser Gesten war neu. Auch das noch. Es war ein Wahlkampf zwischen leicht erratischer Attacke und einschläferndem Hinhalten.
In den zurückliegenden Tagen vor der Bundestagswahl bestimmten TV-Formate die Debatten, in denen klar wurde, dass die Politiker allesamt höchst nervös sind. Eine inhaltliche Diskussion fand kaum statt. Außer der Partei Die Linke setzten die Parteien auf stark personalisierte Kampagnen.
Wohl deshalb gab es neben einer kaum überschaubaren Fülle an klassischen Umfragen auch kuriose wie die, ob die Deutschen eher einem Bartträger oder einem glatt Rasierten vertrauen. Ergebnis übrigens: Jeder Dritte empfindet Gesichtsbehaarung als einen Ausweis von Bürgernähe. Immerhin werden die Glatten für kompetenter gehalten. Das spricht für Angela Merkel und Peer Steinbrück.
Zurück zu den wichtigen Dingen. Zurück zu den Gewissheiten: Die Union wird am Sonntagabend vor der SPD liegen. Der Rest ist ungewiss. Eine wochenlange Blockade bei der Regierungsfindung ist durchaus möglich. Die entscheidenden Fragen sind: Kommt die FDP in den Bundestag? Kommt die AfD in den Bundestag? Setzt sich der Niedergang der Grünen fort? Wird sich die SPD untreu?
Szenario eins: Die FDP kommt in den Bundestag
Die Partei hat seit dem Desaster der Bayern-Wahl alle Energie einer Zweitstimmenkampagne gewidmet. Ohne Rücksicht darauf, ob sich das eigentlich schickt und ob der Union das schmeckt. In Berlin konnte man gleich nach der Bayern-Schlappe Plakate entdecken, auf die erregte Zeitgenossen mit wasserfestem Stift geschrieben hatten: "Begreift es endlich!" Am anderen Tag waren diese mit einem altrosa Zettel überklebt: "Zweitstimme FDP".
Der Zweitstimmen-Übertrag führt nur zum Austausch innerhalb des bürgerlichen Lagers. An der Mehrheitsfähigkeit von Schwarz-Gelb ändert das nichts. Zusammen hatten beide Parteien in letzten Umfragen um die 45 Prozent. Das könnte knapp reichen oder auch nicht. Allerdings darf die Statistik bemüht werden: Die Union war bei den Wahlen 2005 und 2009 viel besser taxiert worden, als das Ergebnis am Ende war. Schwarz-Gelb ist folglich nicht das wahrscheinlichste Szenario.
Szenario zwei: Die FDP kommt nicht in den Bundestag
Falls es für Schwarz-Gelb nicht reicht, bleibt Angela Merkel noch die SPD als Partner. Ein schwarz-grünes Bündnis ist eher ein Medien-(Alb)Traum als realistische Option. Von den Sozialdemokraten gab es unterschiedliche Signale. Peer Steinbrück machte deutlich, im Falle des Falles sogar die Koalitionsverhandlungen führen zu wollen. Obwohl er versichert, einem Kabinett unter Merkel nicht angehören zu wollen.
Die SPD hat Bange vor einer großen Koalition. Im Hinblick auf den Zuspruch in der Bevölkerung ist ihr die schon zwischen 2005 und 2009 nicht bekommen. Unangenehm für die Union wäre die Postenverteilung. Inhaltlich sind die Parteien gar nicht so weit auseinander. Genannt seien nur Mietpreisbremse, ein irgendwie gearteter Mindestlohn, die Regionalisierung der Krankenversicherung, Ganztagsschule, Frauenquote.
Personell aber müsste die CDU einiges hinnehmen. So wird die CSU nach ihrem Wahlsieg auf drei Ministerien bestehen. Mit dem Kanzleramt sind 15 Häuser zu verteilen. Bleiben zwölf, von denen die SPD auf mindestens fünf bestehen dürfte, schon um das Abstandsgebot zur CSU zu wahren. Abzüglich des Kanzleramts bleiben für die CDU sechs Ministerien übrig – Interessenten gibt es aber dafür wohl erheblich mehr. Gleichwohl ist die große Koalition von allen Szenarien die wahrscheinlichste.
Szenario drei: Die AfD kommt in den Bundestag
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist die große Unbekannte in den Berechnungen. Meist sehen sie die Meinungsforscher nicht als Teil des Bundestages. Doch eine Garantie wollte dafür keiner abgeben. Es wäre die erste neue Partei im Bundestag seit der PDS 1990.
Keiner will mit der AfD koalieren. Mit Euro-Gegnern lasse sich kein Bündnis schmieden, heißt es in der Union. Tatsächlich wäre es höchst ungewöhnlich, wenn es dabei nicht bliebe. Nicht nur aufgrund der inhaltlichen Differenzen. Die Neulinge sind unkalkulierbar. Ihnen fehlt es an Erfahrung.
Auch lehrt die Geschichte, dass Koalitionen im Bund erst möglich werden, wenn dementsprechende Farbkombinationen in Bundesländern vorausgegangen sind. Und noch sitzt die AfD in keinem Landtag. In Bayern ist sie aus Angst, grandios zu scheitern, gar nicht angetreten. Beim Einzug der AfD dürften sich die Mehrheitsverhältnisse so ändern, dass das Szenario große Koalition unumgänglich wird.
Szenario vier: Es reicht für ein linkes Bündnis
Auch hier sehen die Demoskopen eine rechnerische Möglichkeit, wenngleich eine sehr knappe. Rot-Rot-Grün hat Peer Steinbrück aber ausgeschlossen. Jedoch kursieren Gerüchte, dass es in der SPD zur Meuterei kommt und ein Kanzler Sigmar Gabriel das Linksbündnis durchziehen würde. Der Gesichtsverlust wäre jedoch enorm für die SPD. Aber, und das wird meist übersehen, auch für die Linke.
Denn die Truppe um Gregor Gysi hat sich deutlich von der SPD distanziert. Zwar ist bei der Linken relative Ruhe eingekehrt. Die Frage, ob man regieren oder opponieren will, ist nicht mehr so virulent. Die Linke würde durchaus mitregieren. Sie will jedoch von ihren Bedingungen kein Jota abweichen. Die lauten: keine Auslandeinsätze der Bundeswehr, Hartz IV reformieren und am besten abschaffen und die Rente mit 67 kippen.
All das wird mit der SPD sehr schwierig. Auch hat die Linke die gesamten Euro-Rettungspläne der Regierung bisher abgelehnt. Im Gegensatz zur SPD. Und Europa bleibt in der nächsten Legislaturperiode ein Thema. Ein Bündnis ist deshalb eher ein Schreckensgespenst, das das konservative Lager beschwört, als eine echte Option.
Ähnlich verhält es sich im Hinblick auf eine Tolerierung von Rot-Grün durch die Linke. Das gab es zwar schon in verschiedenen Ländern. Allerdings fehlt es Rot-Grün nach derzeitigen Prognosen nicht bloß an ein oder zwei Sitzen, um eine Mehrheit zu erreichen. Vielmehr könnte es am Ende gut so ausgehen, dass die Linke stärker aus der Wahl hervorgeht als die Grünen. Sie verloren zuletzt deutlich an Zustimmung. Eine Tolerierung macht dies noch unwahrscheinlicher, als sie ohnehin schon ist.
Der Bundestag wird groß
Bei aller Unsicherheit, eines ist noch gewiss: Der nächste Bundestag wird größer als der alte. Und das liegt nicht an den 34 Parteien, die diesmal antreten. Denn die Fünf-Prozent-Hürde gilt ja nach wie vor. Das liegt am neuen Wahlrecht. Grundsätzlich haben die 61,8 Millionen Wähler zwei Stimmen. Mit der ersten wählen sie einen Direktkandidaten. Mit der zweiten eine Partei. Dann wird es kompliziert.
Nur die Zweitstimme definiert, wie viele Sitze eine Partei im Parlament bekommt. Gleichzeitig ziehen alle Direktkandidaten ein. So kann es geschehen, dass einer Partei etwa nur 100 Sitze zustehen, sie aber 110 Direktkandidaten hat. Deshalb ist die Union ja auch so beleidigt über die Zweitstimmenkampagne der FDP, denn je mehr Zweitstimmen ihr verloren gehen, desto mehr Sitze werden zu sogenannten Überhangmandaten.
Die Zweitstimme ist aufgewertet
Bis zur Reform des Wahlrechts 2013 war das egal. Jedes Überhangmandat erfreute die Partei, die es bekam. Diesmal ist alles anders. Denn die Zweitstimme wurde in ihrer Bedeutung aufgewertet. Das Verhältnis der Parteien nach dem Zweitstimmenergebnis muss trotz Überhangmandaten gewahrt bleiben. Das bedeutet, dass diejenigen, die keine solchen Mandate bekommen, so lange "aufstocken" oder "ausgleichen" dürfen, bis alles wieder im Lot ist.
In unserem Beispiel hieße das: Wenn Partei A 110 Sitze einnimmt, obwohl ihr nur 100 zustehen, darf Partei B, die nur 50 hat, noch einmal 5 Sitze belegen, damit das Verhältnis von 2:1 wieder stimmt. Dadurch wird der Bundestag größer. Derzeit hat er 620 Abgeordnete, davon 22 Überhangmandate. Nach dem neuen System säßen 671 Parlamentarier drin. Die Medienberichte von 2009 – Parlamentarier auf der Suche nach Büroräumen – dürften nach dem 22. September eine zahlreiche Wiederauferstehung erfahren.
Quelle: welt.de