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PC & Internet Google-Fonts: Durchsuchungen wegen Abmahnungen vermeintlicher Datenschützer

Betrüger haben Betreiber von Webseiten mit Google Fonts abgemahnt und von mehr als 2000 Personen erfolgreich Geld eingefordert – nun wird ermittelt.

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Aufgrund eines Verdachts auf Abmahnbetrug und Erpressungsversuch in mindestens 2418 Fällen, wurden in einem Verfahren gegen den 53-jährigen Anwalt Lenard aus Berlin und dessen 41-jährigen Mandaten Ismail – einem vermeintlichen Vertreter einer Interessengemeinschaft Datenschutz – in Berlin, Hannover, Ratzeburg und Baden-Baden Durchsuchungsbeschlüsse und zwei Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme von 346.000 Euro vollstreckt. Im Zuge der Durchsuchungen werden laut der Staatsanwaltschaft in Berlin Unterlagen und Datenträgern ausgewertet, die Aufschluss "über die Anzahl, Auswahlkriterien und Identität, die tatsächlichen Umsätze und die genaue Vorgehensweise" geben sollen.

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, Privatpersonen und Kleingewerbetreibenden, die auf ihren Websites Google Fonts eingesetzt haben, mit einem Anwaltsschreiben abgemahnt zu haben. Zugleich wurde den Website-Betreibern angeboten, ein Zivilverfahren gegen das Zahlen einer Vergleichssumme in Höhe von 170 Euro vermeiden zu können. Die Beschuldigten wussten allerdings, dass es keinen Anlass für eine derartige Vergleichssumme gegeben hat. Daher hätten die Forderungen gerichtlich nicht durchgesetzt werden können. 2.000 Personen hatten die Vergleichssumme gezahlt – zudem liegen 420 Anzeigen von Abgemahnten vor, die der Zahlungsaufforderung nicht nachgekommen waren.

Automatische Suche nach Google Fonts

Mit einer selbst programmierten Software hatten die Beschuldigten die Websites ausgemacht, die Google Fonts nutzen und Websitebesuche anschließend getrackt und protokolliert. Die Besuche wurden dann als "Grundlage für die Behauptung der datenschutzrechtlichen Verstöße und die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen" genutzt und seit Sommer 2022 Abmahnungen verschickt. Die Beschuldigten hatten in einigen Fällen vorgegeben, dass eine Person auf der Website war, obwohl tatsächlich nur ein automatisierter Zugriff erfolgte. Außerdem hätten Personen vor einem Besuch der Seite einer Datenweitergabe zugestimmt, die Abmahnung erfolgte allerdings dennoch.

Datenweitergabe unvereinbar mit informationeller Selbstbestimmung

Mit dem Fonts-Dienst stellt Google Menschen mehr als 1400 Schriftarten zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung, ohne dass die Fonts auf eigenen Servern bereitgehalten werden müssen. Allerdings lädt der Besucher der Website die Fonts direkt von den Google-Servern und übermittelt dabei die IP-Adresse an Google – in der Regel ohne Kenntnis und Einwilligung der Webseitenbesucher. Das Landgericht in München hatte am 20. Januar 2022 (Az. 3 O 17493/20) entschieden, dass die Weitergabe der Daten einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darstelle. Dies verletze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Urteil hatten sich das Duo Lenard und Ismail zunutze gemacht – c't warnte vor der Masche.

Münchner Urteil umstritten

Unter Fachleuten ist das Urteil hochumstritten. Die Wertung, dass die Übermittlung der Daten in die USA "unstreitig" sei, lässt darauf schließen, dass sich die am Urteil beteiligten Personen nicht genügend mit der Funktionsweise von Google Fonts auseinandergesetzt haben – weder technisch noch rechtlich. Juristen sind uneinig über den Umgang mit derartigen Abmahnungen. Klar ist allerdings, dass solche Forderungen nicht bezahlt werden sollten. Hilfreich ist in jedem Fall, wenn Webseiten-Betreiber Google Fonts so schnell wie möglich selbst hosten.

Update
21.12.2022 23:03 Uhr

Artikel um Details zum Urteil des LG München erweitert und Angaben zu den Beschuldigten ergänzt.

Quelle; heise
 
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