Das Kammergericht Berlin hat die Berufung eines Berliner Freifunkers abgewiesen. Als vorgezogene Weihnachtsüberraschung verlangt das Filmstudio Warner Bros. vom Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung in Höhe von 250.000 EUR, sollte einer der Nutzer seines Freifunks das Fehlverhalten wiederholen. Alternativ kann er sich laut Klage zu sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilen lassen. Der Fall zeigt: Der Betrieb ungesicherter WLAN-Netzwerke ist für Privatpersonen mit vielen Gefahren verbunden.
Das Landgericht Berlin fällte am 29. Juni 2018 erstinstanzlich ein Filesharing-Urteil unter dem Az: 15 O 440/17. Kläger war ein Filmstudio, welches eine Urheberrechtsverletzung abmahnen wollte. Wie bei einem Hausprojekt mit Freifunk-Knoten auch nicht anders zu erwarten, konnte der abgemahnte Freifunker die überhohen Hürden der sekundären Darlegungslast nicht erfüllen. Er wurde für schuldig befunden. Gegen diese Entscheidung legte der beklagte Berliner Freifunker beim Kammergericht Berlin Berufung ein. Das Kammergericht bestätigte jedoch das erstinstanzliche Urteil am 11. November 2019 (24 U 92/18). Darüber berichtete die Anwältin Beata Hubrig auf dem Blog Freifunk statt Angst.
Die Klägerin, die Warner Bros. Entertainment GmbH, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer, nimmt den Beschuldigten auf Zahlung von Schadens- und Aufwandsersatz wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte in Anspruch. Als alleinige Inhaberin der Nutzungs— und Verwertungsrechte am Film „Conjuring 2“, warf sie dem Beschuldigten vor, er habe am 3. Oktober 2016 für zwanzig Sekunden das Filmwerk per Filesharing mittels einer P2P-Tauschbörse illegal über seinen Internet-Anschluss verbreitet. Warner Bros. reichte am 17.12. 2019 gegen den Berliner Freifunker am Landgericht Berlin Klage ein. Die Klägerin verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von 250.000 € oder eine Verurteilung zu sechs Monaten Haft.
Beklagter plädierte auf nicht schuldig
Der beschuldigte Freifunker richtete für alle Mitbewohner in seinem Hausprojekt als Internet-Zugang einen Freifunk-Knoten ein. Er bestritt in dem Gerichtsverfahren seine eigene Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung. Infolge dessen hat der Beklagte vor Gericht eine sekundäre Darlegungslast zu erbringen. In einem 15-punktigen Fragenkatalog ist konkret aufgeführt, wie der Beschuldigte dabei vorzugehen hat.
Allgemeine Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast
Der Berliner Freifunker muss darlegen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung zum benannten Tatzeitpunkt ernsthaft in Betracht kommen. Weiterhin hat er nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne sein Wissen und Zutun zu begehen.
Gleichfalls ist er zu zumutbaren Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet. Der Beschuldigte muss vortragen, welche Erkenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Er muss mitteilen, dass das Filesharing tatsächlich von Dritten und nicht von ihm begangen wurde. Wenn dies gelingt, ist wieder die Klägerin am Zug. Sie muss die Umstände darlegen und nachweisen, die für eine Haftung des Beklagten als Täter der begangenen Urheberrechtsverletzung sprechen.
„Gefährliche Rechtsprechung“ vom Kammergericht Berlin
Rechtsanwältin Beata Hubrig führt zur sekundären Darlegungslast aus: „Würde ein Anschlussinhaber diese Forderungen umsetzen, entstünde eine Datensammlung, die bereits das Fernmeldegeheimnis empfindlich verletzen würde. Aus Sicht des Richters Raddatz würde jedoch sogar hierdurch die Verantwortung des Anschlussinhabers nicht entfallen.“ Der Richter befand den Beklagten für schuldig, da er die sekundäre Darlegungslast nicht erfüllte. Das Gericht ging hier von einem Streitwert von 10.000 € aus.
Gegen diese Entscheidung ging der Berliner Freifunker in Berufung. Das Kammergericht Berlin bestätigte aber das erstinstanzliche Urteil am 11. November 2019 (24 U 92/18). In der Urteilsbegründung heißt es, dass:
„die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehnsablaufs nicht bewiesen ist und damit die für die Täterschaft des Klägers als Inhaber des Internetanschlusses entsprechende tatsächliche Vermutung nicht erschüttert (vgl. dazu BGH, Urteil vom 06.10.2016 – IZR 154/15 – Afterlife – Rdn. 19 m.w.N.).“
Rechtsanwältin Beata Hubrig kommentiert das Filesharing-Urteil wie folgt:
„Statt also in ihrem Urteil die gefährliche Rechtsansicht zu korrigieren, ein Anschlussinhaber habe Beweise zu erbringen, dass die Vermutung seiner Täterschaft falsch ist, bestärken die Richter am Kammergericht Harte (Vorsitzender), Dr. Elzer und Richterin Dr. Kasprik-Teperoglou die Meinung des Richters Raddatz aus der Vorinstanz. In Folge lehnte das Kammergericht die gesetzlich vorgeschriebene Haftungsprivilegierung durch das Telemediengesetzes ab, obwohl durch Zeugenbeweis erwiesen war, dass der Anschlussinhaber einen Freifunk-Knoten zum Tatzeitpunkt betrieb. Denn dem Anschlussinhaber soll es nicht gelungen sein, die Vermutung seiner Täterschaft zu erschüttern.
Nachdenklich sollte uns alle das Kopfschütteln des Vorsitzenden Richters Harte auf meine Ausführungen in der Verhandlung stimmen, seinen Zugang zum Internet Dritten zur Verfügung zu stellen sei für viele Menschen Normalität. Wes Geistes Kind er ist, zeigte er im Anschluss an die öffentliche Sitzung: Er erhöhte den Streitwert kurzum von 10.000 € auf 16.000 € und verursachte damit eine Erhöhung der Prozesskosten durch zwei Gebührensprünge.“
Gegen beide Urteile ist die Verfassungsbeschwerde seit dem 23.12.2019 anhängig. Hubrig hofft, „dass das Bundesverfassungsgericht dieser gefährlichen Rechtsprechung entgegentritt“.
Aber auch fefe ließ sich hier einen Kommentar nicht nehmen:
„Wer übrigens dachte, mit der Verurteilung einer 70-Jährigen ohne PC für Filesharing sei das Ende der Fehlurteil-Fahnenstange schon erreicht, der sieht sich getäuscht. Im Berufungsverfahren vor dem Kammergericht Berlin (analog OLG in anderen Bundesländern) haben die Richter das klar Formulierung und Intention des Telemediengesetzes verletzende Fehlurteil der Vorinstanz nicht nur bestätigt sondern sogar eigenhändig mal eben den Streitwert von 10.000€ auf 16.000€ erhöht. Die Sache ist jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.
Alleine dass man als Freifunker vor das Bundesverfassungsgericht ziehen muss, weil die Vorinstanzen alle ihren Job nicht machen, das ist eine Anklage gegen unser Rechtssystem.
Oh und falls jemand dachte, wenn man die Contentmafia derartig beschenkt, dass die dann zufrieden sind: Nope.
Denn Warner Bros. reichte am 17.12. 2019 gegen den Berliner Freifunker am Landgericht Berlin Klage ein und verlangt darin auch, ihn zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung von 250.000 € oder zu sechs Monaten Haft zu verurteilen.
Quelle; tarnkappe
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Das Landgericht Berlin fällte am 29. Juni 2018 erstinstanzlich ein Filesharing-Urteil unter dem Az: 15 O 440/17. Kläger war ein Filmstudio, welches eine Urheberrechtsverletzung abmahnen wollte. Wie bei einem Hausprojekt mit Freifunk-Knoten auch nicht anders zu erwarten, konnte der abgemahnte Freifunker die überhohen Hürden der sekundären Darlegungslast nicht erfüllen. Er wurde für schuldig befunden. Gegen diese Entscheidung legte der beklagte Berliner Freifunker beim Kammergericht Berlin Berufung ein. Das Kammergericht bestätigte jedoch das erstinstanzliche Urteil am 11. November 2019 (24 U 92/18). Darüber berichtete die Anwältin Beata Hubrig auf dem Blog Freifunk statt Angst.
Die Klägerin, die Warner Bros. Entertainment GmbH, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer, nimmt den Beschuldigten auf Zahlung von Schadens- und Aufwandsersatz wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte in Anspruch. Als alleinige Inhaberin der Nutzungs— und Verwertungsrechte am Film „Conjuring 2“, warf sie dem Beschuldigten vor, er habe am 3. Oktober 2016 für zwanzig Sekunden das Filmwerk per Filesharing mittels einer P2P-Tauschbörse illegal über seinen Internet-Anschluss verbreitet. Warner Bros. reichte am 17.12. 2019 gegen den Berliner Freifunker am Landgericht Berlin Klage ein. Die Klägerin verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von 250.000 € oder eine Verurteilung zu sechs Monaten Haft.
Beklagter plädierte auf nicht schuldig
Der beschuldigte Freifunker richtete für alle Mitbewohner in seinem Hausprojekt als Internet-Zugang einen Freifunk-Knoten ein. Er bestritt in dem Gerichtsverfahren seine eigene Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung. Infolge dessen hat der Beklagte vor Gericht eine sekundäre Darlegungslast zu erbringen. In einem 15-punktigen Fragenkatalog ist konkret aufgeführt, wie der Beschuldigte dabei vorzugehen hat.
Du musst angemeldet sein, um Bilder zu sehen.
Allgemeine Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast
Der Berliner Freifunker muss darlegen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung zum benannten Tatzeitpunkt ernsthaft in Betracht kommen. Weiterhin hat er nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne sein Wissen und Zutun zu begehen.
Gleichfalls ist er zu zumutbaren Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet. Der Beschuldigte muss vortragen, welche Erkenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Er muss mitteilen, dass das Filesharing tatsächlich von Dritten und nicht von ihm begangen wurde. Wenn dies gelingt, ist wieder die Klägerin am Zug. Sie muss die Umstände darlegen und nachweisen, die für eine Haftung des Beklagten als Täter der begangenen Urheberrechtsverletzung sprechen.
„Gefährliche Rechtsprechung“ vom Kammergericht Berlin
Rechtsanwältin Beata Hubrig führt zur sekundären Darlegungslast aus: „Würde ein Anschlussinhaber diese Forderungen umsetzen, entstünde eine Datensammlung, die bereits das Fernmeldegeheimnis empfindlich verletzen würde. Aus Sicht des Richters Raddatz würde jedoch sogar hierdurch die Verantwortung des Anschlussinhabers nicht entfallen.“ Der Richter befand den Beklagten für schuldig, da er die sekundäre Darlegungslast nicht erfüllte. Das Gericht ging hier von einem Streitwert von 10.000 € aus.
Gegen diese Entscheidung ging der Berliner Freifunker in Berufung. Das Kammergericht Berlin bestätigte aber das erstinstanzliche Urteil am 11. November 2019 (24 U 92/18). In der Urteilsbegründung heißt es, dass:
„die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehnsablaufs nicht bewiesen ist und damit die für die Täterschaft des Klägers als Inhaber des Internetanschlusses entsprechende tatsächliche Vermutung nicht erschüttert (vgl. dazu BGH, Urteil vom 06.10.2016 – IZR 154/15 – Afterlife – Rdn. 19 m.w.N.).“
Rechtsanwältin Beata Hubrig kommentiert das Filesharing-Urteil wie folgt:
„Statt also in ihrem Urteil die gefährliche Rechtsansicht zu korrigieren, ein Anschlussinhaber habe Beweise zu erbringen, dass die Vermutung seiner Täterschaft falsch ist, bestärken die Richter am Kammergericht Harte (Vorsitzender), Dr. Elzer und Richterin Dr. Kasprik-Teperoglou die Meinung des Richters Raddatz aus der Vorinstanz. In Folge lehnte das Kammergericht die gesetzlich vorgeschriebene Haftungsprivilegierung durch das Telemediengesetzes ab, obwohl durch Zeugenbeweis erwiesen war, dass der Anschlussinhaber einen Freifunk-Knoten zum Tatzeitpunkt betrieb. Denn dem Anschlussinhaber soll es nicht gelungen sein, die Vermutung seiner Täterschaft zu erschüttern.
Nachdenklich sollte uns alle das Kopfschütteln des Vorsitzenden Richters Harte auf meine Ausführungen in der Verhandlung stimmen, seinen Zugang zum Internet Dritten zur Verfügung zu stellen sei für viele Menschen Normalität. Wes Geistes Kind er ist, zeigte er im Anschluss an die öffentliche Sitzung: Er erhöhte den Streitwert kurzum von 10.000 € auf 16.000 € und verursachte damit eine Erhöhung der Prozesskosten durch zwei Gebührensprünge.“
Gegen beide Urteile ist die Verfassungsbeschwerde seit dem 23.12.2019 anhängig. Hubrig hofft, „dass das Bundesverfassungsgericht dieser gefährlichen Rechtsprechung entgegentritt“.
Aber auch fefe ließ sich hier einen Kommentar nicht nehmen:
„Wer übrigens dachte, mit der Verurteilung einer 70-Jährigen ohne PC für Filesharing sei das Ende der Fehlurteil-Fahnenstange schon erreicht, der sieht sich getäuscht. Im Berufungsverfahren vor dem Kammergericht Berlin (analog OLG in anderen Bundesländern) haben die Richter das klar Formulierung und Intention des Telemediengesetzes verletzende Fehlurteil der Vorinstanz nicht nur bestätigt sondern sogar eigenhändig mal eben den Streitwert von 10.000€ auf 16.000€ erhöht. Die Sache ist jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.
Alleine dass man als Freifunker vor das Bundesverfassungsgericht ziehen muss, weil die Vorinstanzen alle ihren Job nicht machen, das ist eine Anklage gegen unser Rechtssystem.
Oh und falls jemand dachte, wenn man die Contentmafia derartig beschenkt, dass die dann zufrieden sind: Nope.
Denn Warner Bros. reichte am 17.12. 2019 gegen den Berliner Freifunker am Landgericht Berlin Klage ein und verlangt darin auch, ihn zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung von 250.000 € oder zu sechs Monaten Haft zu verurteilen.
Quelle; tarnkappe