Fernsehen von gestern für morgen: Wie waipu wachsen will
Die TV-App waipu will das alte Leitmedium revolutionieren, ohne es zu verändern. Wie genau, hat das Unternehmen sechs Monate nach dem Start nun in Hamburg vorgestellt. Pünktlich zur DVB-T-Abschaltung rüstet man nochmal mit weiteren Funktionen nach.
Wenn dieser Kontrast so geplant war, dann ist er ein kleiner Geniestreich im großen Spiel der Modernisierung: Mit einem Wisch über sein riesiges Smartphone zeigt Christoph Bellmann das „Fernsehen der Zukunft“, wie es der Medienerneuerer nennt, und landet dabei, kein Witz, bei „Rote Rosen“. Ausgerechnet. Gestriger könnte das Anschauungsmaterial für den TV-Empfang von morgen gar nicht sein als die Telenovela fürs öffentlich-rechtliche Stammpublikum jenseits der 60. Dennoch steht es hier kurz mal für eine Vision. Meint Christoph Bellmann. Und könnte damit durchaus recht behalten.
In knapp zwei Wochen nämlich ist die junge Gegenwart des terrestrischen Digitalempfangs schon wieder Geschichte. Dann wird mit DVB-T nach nur 20 Jahren als vorherrschendes Verbreitungssignal der beliebtesten Kanäle durch den Nachfolgestandard T2 ersetzt. Doch für den müssten sich bis zu vier Millionen Haushalte spezielle Hardware zulegen – sonst bliebe der Flatscreen womöglich schwarz. Es ist der nächste Schritt aus der analogen Vergangenheit mit ihren Röhrenapparaten und Sendschlusszeiten in Richtung Streams und IPTV. Die Welt von Christoph Bellmann. Die Welt der Exaring AG.
Vor kaum sechs Monaten gegründet, will die geschlossene IP-Plattform vom Standort München aus das gute alte Fernsehen revolutionieren, ohne es vollends zu verändern. Waipu.tv heißt das entsprechende Tool, eine App für Android und Apple, mit der man das klassische Programmangebot übers Internet auf den heimischen Bildschirm schickt – also weder via Kabel noch Satelliten, geschweige denn Antennen, sondern übers firmeneigene Glasfasernetz von 12.000 Kilometern Länge aus der eigenen Cloud ins Wohnzimmer. Jetzt, sagt Christoph Bellmann mit Blick aufs städtebauliche Projekt übers televisionäre Projekt, komme der nächste Schritt.
Denn zum Startangebot, über dessen Nutzerzahlen Exaring beharrlich schweigt, kommen künftig ein paar Features hinzu: verbesserte Bildauflösung zum Beispiel, erweiterte Aufnahmefunktionen bis hin zur automatischen Serienspeicherung, der Touchscreen als Fernbedienung. Dazu das Voicecontrol-System „Alexa“ von Amazon, eine fernsehgerecht aufbereitete Auswahl regionaler Netzinhalte wie die früheren MTV-Gamer „Rocket Beans“ oder ein Kanal für bayerischen Lokalfußball, und das Ganze erstmals befeuert von einer umfassenden Werbekampagne.
Um all dies vorzustellen, ist Bellmanns Team, das wie ihr Chef in der ProSiebenSat1-Gruppe tätig war, zu fünft in die futuristisch anmutende Hamburger Hafencity gereist. Und es hat angeblich Großes im Gepäck – auch wenn es locker in jede Jackentasche passt. Denn viel mehr als sein Handy braucht der Vorstandsvorsitzende nicht, um waipu.tv im noblen Designhotel mit Elbblick zu präsentieren. Statt der handelsüblichen Set-Top-Box bedarf es neben einer soliden DSL-Verbindung nur die Verbindungsstelle in USB-Größe, etwa den Amazon Fire Stick.
Der ergänzt bei waipu ab sofort das Google-Modell Chromecast, um das Mobil-Signal am Flatscreen zu sehen. Hier, im Konferenzraum, hängen davon gleich drei. Auf den ersten sendet Christoph Bellmann nun also „Rote Rosen“, wischt – pardon: „waipt“ auf dem Handy weiter zu irgendwas aus Bollywood und landet nach einem Abstecher zum Sport in einer Eisenbahn-Doku von 3sat, die auf dem dritten Flachbildschirm jenseits der 100 Zentimeter Diagonale erscheint. Klingt futuristisch, ist es dank Multi-Stream-Technik in Ultra HD auf bis zu vier Endgeräten auch. Trotzdem soll es tradierte Annahmen des modernen Fernsehens miteinander vereinen, wie Bellmann mit viel anglizistisch garnierter Statistik übers Nutzungsverhalten schildert.
TV-Content sei nach wie vor wichtig, allerdings nicht linear, sondern selbstbestimmt, wobei der neue First Screen zwar Smartphone heiße, für entspannte TV-Unterhaltung jedoch viel zu klein sei, weshalb der Fernseher im Wohnzimmer auch weiter Dreh- und Angelpunkt des Medienkonsums bleibe. Mit anderen Worten: Die Glotze ist tot, es lebe die Glotze. Und das trotz der Möglichkeit, die 60 Sender im Angebot am Handy zu wechseln, am liebsten mit echter Fernbedienung. Von deren Haptik, meint Bellmann, können auch digital natives noch nicht recht lassen. Ob die Leute da mit der eigenen Stimme umschalten wollen, steht demnach in den Sternen. Ebenso, wie viele Kunden den Basispreis von 4,99 Euro maximal verdreifachen wollen, um dafür mehr Speicherplatz, Mobilfunktionen oder Bildqualität zu bekommen.
Berechenbar scheint hingegen der grundsätzliche Erfolg von „Next Generation IPTV“. Nicht nur, weil waipu anders als die Konkurrenz von Vodafone über Unity Media bis zur Telekom zwar derzeit weniger Kanäle im Angebot hat, aber günstiger ist und zudem monatlich kündbar. Wichtiger scheint die Unabhängigkeit von überlasteten Knotenpunkten des Internets und sperrigen Receivern. „Unser Netz“, sagt Christoph Bellmann, „ist praktisch unendlich“, weshalb darin theoretisch auch Virtual Reality, 3D-Formate, Spiele möglich sind. Wie endlich unendlich ist, werden jedoch erst die Nutzerzahlen erweisen. Aber darüber schweigt die AG, an der Freenet mit 25 Prozent beteiligt ist, weiter. Sie wird wissen, warum.
Quelle: dwdl
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Die TV-App waipu will das alte Leitmedium revolutionieren, ohne es zu verändern. Wie genau, hat das Unternehmen sechs Monate nach dem Start nun in Hamburg vorgestellt. Pünktlich zur DVB-T-Abschaltung rüstet man nochmal mit weiteren Funktionen nach.
Wenn dieser Kontrast so geplant war, dann ist er ein kleiner Geniestreich im großen Spiel der Modernisierung: Mit einem Wisch über sein riesiges Smartphone zeigt Christoph Bellmann das „Fernsehen der Zukunft“, wie es der Medienerneuerer nennt, und landet dabei, kein Witz, bei „Rote Rosen“. Ausgerechnet. Gestriger könnte das Anschauungsmaterial für den TV-Empfang von morgen gar nicht sein als die Telenovela fürs öffentlich-rechtliche Stammpublikum jenseits der 60. Dennoch steht es hier kurz mal für eine Vision. Meint Christoph Bellmann. Und könnte damit durchaus recht behalten.
In knapp zwei Wochen nämlich ist die junge Gegenwart des terrestrischen Digitalempfangs schon wieder Geschichte. Dann wird mit DVB-T nach nur 20 Jahren als vorherrschendes Verbreitungssignal der beliebtesten Kanäle durch den Nachfolgestandard T2 ersetzt. Doch für den müssten sich bis zu vier Millionen Haushalte spezielle Hardware zulegen – sonst bliebe der Flatscreen womöglich schwarz. Es ist der nächste Schritt aus der analogen Vergangenheit mit ihren Röhrenapparaten und Sendschlusszeiten in Richtung Streams und IPTV. Die Welt von Christoph Bellmann. Die Welt der Exaring AG.
Vor kaum sechs Monaten gegründet, will die geschlossene IP-Plattform vom Standort München aus das gute alte Fernsehen revolutionieren, ohne es vollends zu verändern. Waipu.tv heißt das entsprechende Tool, eine App für Android und Apple, mit der man das klassische Programmangebot übers Internet auf den heimischen Bildschirm schickt – also weder via Kabel noch Satelliten, geschweige denn Antennen, sondern übers firmeneigene Glasfasernetz von 12.000 Kilometern Länge aus der eigenen Cloud ins Wohnzimmer. Jetzt, sagt Christoph Bellmann mit Blick aufs städtebauliche Projekt übers televisionäre Projekt, komme der nächste Schritt.
Denn zum Startangebot, über dessen Nutzerzahlen Exaring beharrlich schweigt, kommen künftig ein paar Features hinzu: verbesserte Bildauflösung zum Beispiel, erweiterte Aufnahmefunktionen bis hin zur automatischen Serienspeicherung, der Touchscreen als Fernbedienung. Dazu das Voicecontrol-System „Alexa“ von Amazon, eine fernsehgerecht aufbereitete Auswahl regionaler Netzinhalte wie die früheren MTV-Gamer „Rocket Beans“ oder ein Kanal für bayerischen Lokalfußball, und das Ganze erstmals befeuert von einer umfassenden Werbekampagne.
Um all dies vorzustellen, ist Bellmanns Team, das wie ihr Chef in der ProSiebenSat1-Gruppe tätig war, zu fünft in die futuristisch anmutende Hamburger Hafencity gereist. Und es hat angeblich Großes im Gepäck – auch wenn es locker in jede Jackentasche passt. Denn viel mehr als sein Handy braucht der Vorstandsvorsitzende nicht, um waipu.tv im noblen Designhotel mit Elbblick zu präsentieren. Statt der handelsüblichen Set-Top-Box bedarf es neben einer soliden DSL-Verbindung nur die Verbindungsstelle in USB-Größe, etwa den Amazon Fire Stick.
Der ergänzt bei waipu ab sofort das Google-Modell Chromecast, um das Mobil-Signal am Flatscreen zu sehen. Hier, im Konferenzraum, hängen davon gleich drei. Auf den ersten sendet Christoph Bellmann nun also „Rote Rosen“, wischt – pardon: „waipt“ auf dem Handy weiter zu irgendwas aus Bollywood und landet nach einem Abstecher zum Sport in einer Eisenbahn-Doku von 3sat, die auf dem dritten Flachbildschirm jenseits der 100 Zentimeter Diagonale erscheint. Klingt futuristisch, ist es dank Multi-Stream-Technik in Ultra HD auf bis zu vier Endgeräten auch. Trotzdem soll es tradierte Annahmen des modernen Fernsehens miteinander vereinen, wie Bellmann mit viel anglizistisch garnierter Statistik übers Nutzungsverhalten schildert.
TV-Content sei nach wie vor wichtig, allerdings nicht linear, sondern selbstbestimmt, wobei der neue First Screen zwar Smartphone heiße, für entspannte TV-Unterhaltung jedoch viel zu klein sei, weshalb der Fernseher im Wohnzimmer auch weiter Dreh- und Angelpunkt des Medienkonsums bleibe. Mit anderen Worten: Die Glotze ist tot, es lebe die Glotze. Und das trotz der Möglichkeit, die 60 Sender im Angebot am Handy zu wechseln, am liebsten mit echter Fernbedienung. Von deren Haptik, meint Bellmann, können auch digital natives noch nicht recht lassen. Ob die Leute da mit der eigenen Stimme umschalten wollen, steht demnach in den Sternen. Ebenso, wie viele Kunden den Basispreis von 4,99 Euro maximal verdreifachen wollen, um dafür mehr Speicherplatz, Mobilfunktionen oder Bildqualität zu bekommen.
Berechenbar scheint hingegen der grundsätzliche Erfolg von „Next Generation IPTV“. Nicht nur, weil waipu anders als die Konkurrenz von Vodafone über Unity Media bis zur Telekom zwar derzeit weniger Kanäle im Angebot hat, aber günstiger ist und zudem monatlich kündbar. Wichtiger scheint die Unabhängigkeit von überlasteten Knotenpunkten des Internets und sperrigen Receivern. „Unser Netz“, sagt Christoph Bellmann, „ist praktisch unendlich“, weshalb darin theoretisch auch Virtual Reality, 3D-Formate, Spiele möglich sind. Wie endlich unendlich ist, werden jedoch erst die Nutzerzahlen erweisen. Aber darüber schweigt die AG, an der Freenet mit 25 Prozent beteiligt ist, weiter. Sie wird wissen, warum.
Quelle: dwdl