E-Books der Bonnier-Verlagsgruppe werden künftig mit Wasserzeichen statt mit dem harten DRM von Adobe versehen. Wir durften diese Neuausrichtung heute früh im Deutschlandradio Kultur kommentieren. Thema war auch Sinn bzw. Unsinn von Streaming-Anbietern und die Kulturflatrate, die früher von manchen Politikern geradezu als Heilslehre angepriesen wurde.
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Bereits seit März 2015 setzt Mitbewerber DuMont beim Vertrieb von E-Books auf Wasserzeichen statt auf den digitalen Kopierschutz mittels DRM (Digital Rights Management). Auch Bonnier wirft den Kopierschutz von Adobe ab 1. Juli über Bord. Laut Christian Schumacher-Gebler (Geschäftsführer der deutschen Bonnier Gruppe) soll mit der Neuausrichtung die Kundenfreundlichkeit beim Vertrieb der E-Books im Vordergrund stehen. Mithilfe der Wasserzeichen sollen illegale Verbreiter von urheberrechtlich geschützten Werken besser aufgespürt werden.
Bonnier will mehr gegen Piraten tun
Die nach eigenen Angaben intensiv durchgeführten Maßnahmen zur Verfolgung der E-Book-Piraten sollen künftig noch erweitert werden. Auch in der Kölner Firmenzentrale musste man einsehen: Der bisherige DRM-Schutz von Adobe ging eindeutig auf Kosten der Benutzerfreundlichkeit. Bonnier will damit seinen Wettbewerbsnachteil gegenüber Amazon ausgleichen. In der Pressemitteilung heißt es: „Wir sind zuversichtlich, mit dieser kundenfreundlicheren Lösung das Urheberrecht unserer Autoren ebenso zuverlässig zu schützen wie bisher, zugleich für unsere digitalen Bücher noch mehr und noch zufriedenere Leser zu gewinnen sowie alle Marktteilnehmer optimal zu unterstützen.“
Hartes DRM macht Leser zu Schwarzkopierern
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Im Gespräch mit Jörg Magenau brachte die Redaktion von Tarnkappe.info heute früh zum Ausdruck, dass man bei zu harten Kopierschutzmaßnahmen schnell zur Schwarzkopie greift, weil man dann mit dem Werk machen kann, was man will. Wasserzeichen werden von den Lesern nicht als störend wahrgenommen. Wenn jemand das E-Book aber beispielsweise bei einem Sharehoster hochlädt oder bei einer P2P-Tauschbörse anbietet, dann kann die ursprüngliche Quelle (der Käufer des E-Books) damit identifiziert werden. Leider gab es schon Negativbeispiele, wo Verlage ein und dasselbe Wasserzeichen in allen vertriebenen E-Books eingebunden haben. Wenn der Verbreiter sowieso nicht ausfindig gemacht werden kann, kann man sich die Einbindung des identischen Wasserzeichens gleich ganz sparen.
Streaming oder Kulturflatrate als Ausweg?
Das Streaming von Hörbüchern wäre sicher ein kleiner zusätzlicher Broterwerb. Dies könnte den digitalen wie analogen Vertrieb aber nicht ersetzen. Dazu kommt, dass bezogen auf die Musikindustrie, die meisten Streaming-Anbieter viel zu wenig Geld an die Urheber weiterreichen. Von den paar Brotkrumen von Spotify & Co. kann kein Mensch leben. Auch die von manchen grünen Politikern herbeigesehnte Kulturflatrate halte ich für keinen Ausweg. Der Aufwand die exakte Nutzung aller Werke messen zu wollen, ist immens. Anders wäre eine faire Verteilung der Einnahmen aber nicht möglich. Dabei würde zweifellos eine gigantische Institution entstehen, die die GEMA und GEZ zusammen noch deutlich in den Schatten stellt. Von der Datenkrake die ganz genau weiß, was ich wann konsumiert habe, einmal ganz abgesehen. Das kann niemand ernsthaft anstreben!
Fazit
Machen wir uns nichts vor: Noch ist der Leidensdruck der Verlage nicht allzu groß. Zwar werden zahlreiche Bücher über das Web verkauft, das betrifft aber zumeist die gedruckten Bücher und keine E-Books. Jimmy Draut hat die Entscheidung von Bonnier in seinem heutigen Tweet gut auf den Punkt gebracht:
„Kaufmännisch gute Entscheidung. Streiche Kopierschutz der eh nix bringt, spare Geld, Arbeitszeit! und bekommst positive Presse…“
Wer sich das Interview anhören will, noch ist das MP3 hier verfügbar. Der begleitende Artikel wurde bei deutschlandradiokultur.de veröffentlicht.
Quelle: Tarnkappe