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Debatte um „Zwangsboxen“ im Kabel

Debatte um „Zwangsboxen“ im Kabel: „Wettbewerbswidrige Kundenbindung“ im Visier des Kartellamts

Digitalmagazin im Gespräch mit Claus Wedemeier, Referent für den Bereich Multimedia beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.

Die Kritik an der heftig umstrittenen Set-Top-Boxen-Strategie der großen Kabelnetzbetreiber nimmt weiter zu. Als „wettbewerbswidrige Kundenbindung“ bezeichnet Claus Wedemeier, Referent für den Bereich Multimedia beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., den Umstand, dass die Kabelkunden bei den großen Netzbetreibern in der Regel auf eine „Zwangsbox“ angewiesen sind. Die Unternehmen würden damit den Einsatz der Box in anderen Kabelnetzen oder für andere Anbieter erschweren und im Falle verschlüsselter Programme sogar unmöglich zu machen, kritisiert Wedemeier. Das Bundeskartellamt ermittelt bereits seit geraumer Zeit in dieser Angelegenheit. „Wir sind zuversichtlich, dass das Kartellamt den Kabelnetzbetreibern und Pay-TV-Anbietern auferlegen wird, die Programmangebote grundsätzlich auf Empfangsgeräten freizuschalten, die über eine offene Schnittstelle – wie ein Common Interface (CI) – verfügen“, sagt der GdW-Experte im Gespräch mit Digitalmagazin.

Digitalmagazin: Zuschauer, die bei den großen Kabelnetzbetreibern verschlüsselte TV-Programme empfangen wollen, sind in der Regel auf eine „Zwangsbox“ des Betreibers angewiesen. Warum ist das so, welche Ziele verfolgen die Netzbetreiber damit?

Wedemeier: Der GdW hat den Einsatz unterschiedlicher Verschlüsselungssysteme für TV-Programme bei den großen Kabelnetzbetreibern stets kritisiert. Die Folge ist, dass sich im Gegensatz zum individuellen Satellitenempfang beim Kabelempfang auch aufgrund zu geringer Stückzahlen kein Kaufmarkt entwickeln konnte. Da die verschlüsselten Programme eines Netzbetreibers nur mit einer von diesem Betreiber zertifizierten Box zuverlässig empfangen werden können, haben sich Kabelkunden daran gewöhnt, eine Box nur über ihren Kabelnetzbetreiber zu mieten oder zu kaufen. Vorteil für Netzbetreiber ist, den Empfang von individuellen Programmen beim Kunden technisch besser gewährleisten zu können, den Einsatz dieser Box in andere Kabelnetze oder für andere Anbieter zu erschweren und im Falle verschlüsselter Programme sogar unmöglich zu machen. Der GdW hat diese Form einer wettbewerbswidrigen Kundenbindung stets kritisiert.

Digitalmagazin: Bereits seit geraumer Zeit ermittelt das Bundeskartellamt, inwiefern die großen Kabelnetzbetreiber im Hinblick auf die Set-Top-Boxen-Politik ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen könnten. Welche Erwartungen verknüpfen Sie mit diesen Ermittlungen?

Wedemeier: Wir sind zuversichtlich, dass das Kartellamt den Kabelnetzbetreibern und Pay-TV-Anbietern auferlegen wird, die Programmangebote grundsätzlich auf Empfangsgeräten freizuschalten, die über eine offene Schnittstelle – wie ein Common Interface (CI) – verfügen. Allerdings würde eine solche Auflage zu kurz greifen. Aus Verbrauchersicht sollten Boxen, sofern sie die Möglichkeit zur Entschlüsselung von Signalen bieten, grundsätzlich über offene Schnittstellen verfügen. Diese Schnittstellen müssen es ermöglichen, bei den jeweiligen Modulen und Karten alle Programme aller Anbieter zu entschlüsseln und auf dem Fernseher sichtbar zu machen. Ideal wäre also die Verwendung eines einheitlichen Verschlüsselungsstandards. Eine solche Auflage ist jedoch aus vielerlei Gründen nicht zu erwarten.

Digitalmagazin: Das Kartellamt soll Branchenkreisen zufolge eine Abmahnung gegen Unitymedia eben aus diesem Grund erlassen haben. Welche Konsequenzen werden sich in der Praxis daraus ergeben?

Wedemeier: Dem GdW ist nicht bekannt, dass das Kartellamt bereits eine Abmahnung gegen Unitymedia versandt hat. Generell gehen wir von den eben schon beschriebenen Wirkungen aus.

Digitalmagazin: Welches Interoperabilitätsmodell befürworten Sie, um einen freien Kabelboxenmarkt zu schaffen?

Wedemeier: Das beste Modell gibt seit vielen Jahren der individuelle Satellitenempfang vor. Hier hat die unverschlüsselte Übertragung von digitalen Free-TV-Programmen zur Ausbildung eines freien Boxenmarktes mit einem umfangreichen Angebot geführt. Ganz nebenbei hat dieses Modell auch Anreize geschaffen, die Mehrheit der Satellitenhaushalte freiwillig zu einer Umstellung vom analogen auf den digitalen Empfang zu bewegen. Für Pay-TV-Programme wiederum ist die Verwendung eines einheitlichen Verschlüsselungssystems das Idealmodell.

Digitalmagazin: Sollte jeder Kabelnetzbetreiber, der ein Cryptsystem einsetzt, verpflichtet werden, ein entsprechendes Entschlüsselungsmodul anzubieten?

Wedemeier: Solange Kabelnetzbetreiber noch proprietäre Verschlüsselungssysteme verwenden, ist eine solche Verpflichtung unverzichtbar. Anderenfalls werden viele Verbraucher, die sich hoffnungsfroh für einen neuen Fernseher mit einem integrierten Empfangsteil für das digitale Kabel (DVB-C) oder den digitalen Satelliten (DVB-S) entscheiden, enttäuscht. Insbesondere Kabelkunden, die mit dem Kauf eines neuen Gerätes gehofft haben, auf eine zusätzliche Box verzichten zu können, schauen auf einen schwarzen Schirm. Sie sehen zwar in ihrer Programmliste alle privaten digitalen Programme gelistet, können sie jedoch nicht empfangen. Dies ist das exakte Gegenteil eines kundenfreundlichen digitalen Fernsehens.

Digitalmagazin: Herr Dr. Wedemeier, vielen Dank für das Gespräch.

Quelle: infosat
 
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