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HOT Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Schon in den 90er Jahren galten Smartcards in Satelliten-Receivern, die europaweites Pay-TV entschlüsseln, als das perfekte, weil lukrative Hackingziel. Smartcards sind der neuralgische Punkt in der Ausstrahlung von Bezahlfernsehen: Ihre Verschlüsselung soll die exklusiven Inhalte nur freigeben, wenn der Kunde auch regelmäßig bezahlt—genau das macht sie für Bastler schon seit Premiere-Zeiten zu einer anspruchsvollen Hürde. Premiere heißt jetzt Sky, und auch wenn die ein oder andere digitale Technologie ihre Exklusivität eingebüßt hat, ist Fußball gucken ohne Abo genauso nachgefragt und genauso illegal wie zuvor.



Illustration: Simon Prades
Es gibt heute verschiedene Möglichkeiten, um Sky „hell zu machen“, wie es in der Szene heißt. Die mit Abstand beliebteste und lukrativste ist das sogenannte Cardsharing. Das Besondere daran: Man braucht beim Cardsharing theoretisch nur ein einziges bezahltes Abo—und kann das ausnutzen, um das entschlüsselte Programm auf beliebig vielen Receivern wiederzugeben. Sobald man einmal weiß, wie die Receiver manipuliert werden können und einen relativ sicheren Vertriebsweg für die manipulierten Boxen gefunden hat, ist das ein extrem lohnendes Geschäft der Schattenwirtschaft, das Sky verständlicherweise mit allen Mitteln unterdrücken will.

„Er hat so Trottel, die das Geld für die Box dann abheben und den Typen mit dem Server bezahlen—schwarz versteht sich.“

In den vergangenen Wochen haben wir mit verschiedenen Hackern und Verkäufern gesprochen, die dafür sorgen, „dass Pay-TV wieder bezahlbar wird“, so die Werbung auf der beinahe seriös wirkenden Website eines Cardsharing-Anbieters. Wir wollten verstehen, wie das halbseidene Geschäft funktioniert, wer in der Szene davon profitiert und wie die Hacker und Verkäufer der Verfolgung durch Pay-TV-Anbieter entgehen können.

Solche Angebote, mit denen man das Sky-Abo austricksen kann, sind kinderleicht im Netz zu finden. Viele davon werben sogar für internationale Kundschaft: „Cardsharing has been created specially for viewers wishing to watch the best European channels without overpaying to the satellite operators“, heißt es auf einer Seite ganz selbstverständlich.



Wahrscheinlich kein Cardsharer: Lizensierte Fussballkneipen, wie hier in Köln, müssen sich ein Sky-Schild an die Fassade schrauben. Bild: Wikimedia | Nordhorner II CC BY-SA 3.0
Fast könnte man denken, es handele sich um ein ganz gewöhnliches Produkt oder Dienstleistung—wenn da nicht der kleine Hinweis auf einer anderen Website wäre: „Erzählen Sie nur Ihren engeren Bekannten, dass sie so einen Dienst nutzen“, und „Bestellen Sie mit einer E-Mail-Adresse, die keine Rückschlüsse auf Ihre Person zulässt“.

„Anbieter wie uns gibt es schon seit 10-15 Jahren. Damals noch ohne Internet, aber das Prinzip war gleich“, schrieb einer der Hacker an Motherboard, den wir hier Carsten nennen. Wer bei ihm mit Bitcoin bezahlt, bekommt zwölf Monate Sky-Empfang für schlappe 75 Euro geliefert, was eine Ersparnis von bis zu 620 Euro pro Jahr verspricht.

Ein durchaus attraktives Angebot also für alle, die sich Sky nicht leisten können oder wollen und bereit sind, nach Anleitung selbst ein wenig am Receiver herumzuschrauben.

Deutschland sieht Carsten in einer Art Vorreiter-Rolle beim Cardsharing: „Auf internationaler Ebene ist die deutsche Szene ausgeprägt und sehr fortschrittlich. Viele Entwicklungen sind in Deutschland bzw. mit der Hilfe von deutschen Szene-Mitgliedern entstanden.“

Das Cardsharing funktioniert im Prinzip so: Eine einzelne Smartcard eines Pay-TV-Anbieters wird von mehreren, über das Internet verbundenen Nutzern parallel verwendet. Diese setzen gehackte digitale Receiver ein und zahlen eine „Gebühr" an den Betreiber des Card-Sharing-Servers. Meistens ist das der Hacker selbst. Statt einer Sky-Chipkarte wird also „Software eingesetzt, um eine Karte zu emulieren. Mithilfe von Cardsharing wird über das lokale Netzwerk oder das Internet ein Schlüssel in bestimmten Intervallen an den Emulator geschickt. Die Kombination aus Schlüssel und Emulator entschlüsselt das Signal“, erklärt Carsten.

„Satellitengeschäfte bieten dieses ,Extra’ gegen Gebühr an—natürlich diskret. Uns ist mindestens ein Fall bekannt, wo das gewaltig schief ging.“

Das Geschäft läuft aber nicht nur im Netz ab, sondern vor allem lokal und persönlich durch Mundpropaganda, wie Carsten erzählt: „Jemand hat einen Kollegen oder Bekannten, der hat seinen privaten Server und möchte die Kosten aufteilen bzw. einen Extra-Taler verdienen [Ja, das klingt nach Lustiges Taschenbuch, aber so hat er sich tatsächlich ausgedrückt, d. Red.].

Er versorgt seinen Bekannten- und Familienkreis. Diverse Satellitengeschäfte bieten dieses ,Extra’ gegen Gebühr an—natürlich diskret. Uns ist mindestens ein Fall bekannt, wo das gewaltig schief ging.“ Ins Detail wollte er nicht gehen.

Daher haben wir mit jemandem gesprochen, der diese Seite des Geschäfts genau kennt—nennen wir ihn Leo. In einem Lande für TV-Zubehör in einer Kleinstadt im deutschen Grenzgebiet verkaufte er über Jahre von Hackern wie Carsten manipulierte Sky-Boxen mit Cardsharing unter der Ladentheke. Uns hat er erzählt, wie das Geschäft funktioniert.

„Wir verkaufen nur das Gerät. Aber wir implementieren die Codes zur Entschlüsselung, und die kriegen wir per Skype von einem Typen mit dem Server. Was wir machen, ist also fast legal.“ Der Hacker spielt den Schlüssel-Emulator auf und lädt die gewünschte Senderliste ins Blue Panel der Box. Nach ein paar Tagen kann der Kunde seine manipulierte Box wieder im Laden abholen. Zu Hause empfängt er das Bild zwar über Satellit, aber muss trotzdem immer mit dem Internet verbunden sein, um die laufende Weitergabe des Schlüssels vom weit entfernten Abo-Server an die gehackten Clients zu garantieren.

Die Hacker sind in der Regel sehr vorsichtig und halten sich im Hintergrund: Gegenüber den Kunden „wechselt der alle sechs Monate seinen Namen“, meint Leo. Zudem setzt er einen Mittelsmann ein, der zur Verschleierung des Geldflusses zwischen Gerätehändler und Hacker seine Bankverbindung zur Verfügung stellt: „Er hat so Trottel, die das Geld für die Box dann abheben und den Typen mit dem Server bezahlen—schwarz, versteht sich.“

Je nachdem, welches Angebotspaket der Kunde auswählt, kosten die Sender auf dem gehackten Custom-Satellitenreceiver pro Jahr „zwischen 100-200 Euro“. Ein illegales Sky-Paket, bei dem in der Regel auch alle Film-Sender inklusive sind, kostete in Leos Laden 160 Euro im Jahresabo. Zum Vergleich: Ein Sky-Abo kostet aktuell im Komplettpaket pro Jahr 707,88 € oder 455,88 Euro pro Jahr nur für’s Sport- und Fussballpaket (Durchschnittspreis berechnet aus 24 Monaten).

„Ich würde sagen, für jeden, der Sky legal bezieht, gibt es auch einen, der Cardsharing nutzt—eins zu eins.“

Bei Amazon, so erzählten uns die Cardsharer, könne man die Receiver ganz legal für rund 200 Euro kaufen. Bei manchen, wie der Dreambox, ist Linux sogar schon vorinstalliert. Die Händler fordern jedoch bis zu 700 Euro von den Cardsharing-Kunden. Dafür spielt der Hacker bei Bedarf Linux und die Cardsharing-Software auf, damit der Händler nur noch die Codes einspeisen muss. Mit der Konkurrenz durch Ketten wie MediaMarkt wird daraus ein lukrativer, unversteuerter Nebenverdienst für die geräderten, kleinen TV-Läden.

Sein typisches Klientel beschreibt der Händler als „40-50 Prozent Junggesellen, Computerfreaks“. Aber auch viele ausländische Kunden hätte er, die die Sender ihrer Heimat vermissen. Und ansonsten viele jüngere Leute, was auch Online-Anbieter Carsten bestätigt. „Der Preis ist absolut ausschlaggebend für meine Kunden“, sagt er. „Ansonsten ist alles dabei—Mann, Frau, arbeitslos, berufstätig.“ Die Nachfrage ist in jedem Fall riesig: In einer Kleinstadt mit 17.000 Einwohnern kannte der Händler Carsten allein fünf weitere Anbieter von Cardsharing. Er selbst schätzt, innerhalb eines Monats zwischen 200 und 300 Kunden bedient zu haben. „Ich würde sagen, für jeden, der Sky legal bezieht, gibt es auch einen, der Cardsharing nutzt—eins zu eins.“

Die Anbieter solcher Server, die eine Abokarte an Geräte über die Soft-Cam-Software weiterverteilen, kommen sowohl aus dem Bereich der Informatik als auch aus der Sat-Techniker-Ecke. Als Königsdiziplin des Hackings sehen sowohl die Box-Bastler als auch die Verkäufer die Manipulation nicht; aber man müsse sich eben reinfuchsen und ein stabiles Setup etablieren. „Das kann man schon selber programmieren“, meinte Leo. „Du brauchst halt ein paar Server, die auf Linux basieren. Wenn du ruckelfreie Übertragung garantieren willst, musst du etwas mehr in die Server investieren.“ In Bezug auf zentrale Fähigkeiten, die man als erfolgreicher Cardsharing-Dealer braucht, fasst auch Carsten zusammen: „In erster Linie muss man lesen, Anleitungen abarbeiten und mitdenken können, dann schafft man es.“

„Was wir machen, ist fast legal.“

Dass diese Anleitungen zum Teil frei im Internet verfügbar sind und das Geschäft somit erleichtern, ist Rechteinhabern wie Sky selbstverständlich ein gewaltiger Dorn im Auge—Murdochs Bezahlfernsehender entgehen dadurch jedes Jahr Einnahmen in Millionenhöhe. Sky versucht deshalb mit eigenem Personal den Schwarzsehern das Handwerk zu legen, aber wirbt auch öffentlichkeitswirksam Kontrolleure an. 2010 suchte Sky bundesweit 50 Mitarbeiter, die überprüfen sollten, ob Bars, Restaurants und Hotels auch ordentlich für die Ausstrahlung von Fussballspielen oder andere Angebote von Sky bezahlen. Diese Arbeit vergütete der Sender überdurchschnittlich gut: Monatlich 2500 Euro brutto bot Sky zum Start in Deutschland in einer Stellenanzeige über einen Contractor an, und für jeden erwischten Schwarzseher gab es zusätzlich noch 280 Euro obendrauf. An einem Bundesliga-Spieltag ein eindeutig lukratives Angebot—auch wenn man sich nach erfolgreicher Abschaltung nicht allzu beliebt bei Fans in der Fussballkneipe machen dürfte.

Wie wertvoll der Schutz der Smartcards für das Geschäft der Fernsehsender ist, zeigte schon im Jahr 2002 ein filmreifer Streit zwischen zwei TV-Anbietern: Der französische Pay-TV-Sender Canal+ verklagte eine Tochterfirma des Konkurrenten Rubert Murdoch, weil diese die französischen Smartcards gehackt und die Schlüssel ins Netz geleakt haben soll—kurz danach tauchten angeblich massenhaft geknackte Boxen von Canal+ auf dem Schwarzmarkt auf: Die Anklage forderte Summen in Milliardenhöhe, man einigte sich schließlich außergerichtlich.

Aber kann man denn überhaupt erkennen, ob jemand Sky im Original guckt oder nicht? „Wenn es ruckelt, weiß man schon Bescheid“, meint Leo. Fussballkneipen und Restaurants müssen eigentlich ein Sky-Schild an der Fassade anbringen, wenn sie bis zu 10.000 Euro jährlich an Sky abdrücken. (Ihr habt es erraten: Natürlich werden auch Sky-Schilder bei Ebay heiß gehandelt...) Zusätzlich ist bei lizensierten Sky-Anbietern ein Bierglas als Wasserzeichen auf dem TV-Bildschirm zu erkennen. Wer Sky legal überträgt, „zeigt dann meistens auch den Receiver“ prominent im Raum. Ist das nicht der Fall, leuchtet auf der Box nämlich statt einer blauen Leiste ein verräterischer oranger Balken, der Sky-Kontrolleuren gleich auf den ersten Blick verrät, wer hier bescheißen will. „Auf Mallorca haben sowieso alle Cardsharing!“, lacht Leo—wie auch sonst sollten deutsche Urlauber in Spanien, wo die Übertragungsrechte gar nicht bei Sky liegen, an ihren Bundesliga-Genuss mit deutschen Kommentaren kommen?

Von diesem Problem können Bundesliga-Fans im Ausland oder Grenzgebieten ein Lied singen: Wer zum Beispiel in den Belgien oder England bestimmte Spiele der Bundesliga gucken möchte, hat manchmal gar keine andere Wahl, als auf illegale Angebote auszuweichen.




Cardsharing-Angebote, die per Banner im Netz beworben werden. Bild: Screenshot
Als weitere Hürde in diesem ständigen Katz- und Maus-Spiel ändern sich auch sowohl die Frequenzen als auch die Verschlüsselungen permanent. Für eine Aktualisierung auf die neueste Frequenz muss der Kunde dann noch einmal 30 Euro hinblättern.

Die deutschen Online-Cardsharer fühlen sich abseits von üblichen Sicherheitsvorkehrungen (verschlüsselte Mails, keine Orte und Namen erwähnen, Bezahlung nur in Bitcoin) trotzdem recht sicher—auch weil alle, mit denen wir gesprochen haben, ihr Geld über einen Strohmann in der Mitte beziehen, der sein Bankkonto als Vermittler zur Verfügung stellt: „Man sieht keine komischen Bankbewegungen, und der Typ hat ne dicke Flat und macht das alles von zu Hause. Immer, wenn ich den besuche, macht er irgendwelche Wartungsarbeiten an seinen Servern“, erzählt Leo.

Zur Abschreckung forciert Sky auch immer mal wieder Anklagen und Gerichtsverhandlungen gegen Cardsharer.

„Ich muss schon etwas aufpassen“, räumt Carsten ein. „Sky ist da schon hinterher. Aber man hat uns immer gesagt, der Kunde habe nichts zu befürchten“, so Leo. Cardsharing-Anbieter werden dagegen schon ab und an hochgenommen, denn zur Abschreckung forciert Sky auch immer mal wieder Anklagen und Gerichtsverhandlungen gegen Cardsharer. Auf seinem Unternehmensblog freute sich Sky im Februar 2016 über ein „wegweisendes Urteil“ gegen einen Anbieter: Ein Mann wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung verurteilt, weil er als Cardsharer sowohl Sky als auch das Sicherheitssystem Nagravision ausgetrickst hatte. Beides, so entschied das Landgericht Verden, gelte als Computerbetrug und kann mit Gefängnis bestraft werden. Meldungen wie diese sind Teil der Öffentlichkeitsarbeit von Sky.

Zum Schluss erzählt uns Leo noch ein bisschen von der Zukunft seiner „Branche“. Die spricht ebenfalls deutsch und sitzt in Thailand: Dort vertreibt ein findiger Geschäftsmann eine kleine, glänzende Box im Internet, die alle vorstellbaren Sender per IP-TV übers Netz empfängt. Sein Produkt ist so illegal wie schick und komfortabel—und viel, viel billiger als jeder Satellitenreceiver; auch ohne Abo. „Die Benutzeroberfläche sieht so viel besser aus als bei Sky“, befindet mein Kollege, als wir über die minimalistische Website scrollen und staunen. Natürlich haben wir nicht bestellt.


Quelle: Vice Motherboard
 
Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Schon in den 90er Jahren galten Smartcards in Satelliten-Receivern, die europaweites Pay-TV entschlüsseln, als das perfekte, weil lukrative Hackingziel. Smartcards sind der neuralgische Punkt in der Ausstrahlung von Bezahlfernsehen: Ihre Verschlüsselung soll die exklusiven Inhalte nur freigeben, wenn der Kunde auch regelmäßig bezahlt—genau das macht sie für Bastler schon seit Premiere-Zeiten zu einer anspruchsvollen Hürde. Premiere heißt jetzt Sky, und auch wenn die ein oder andere digitale Technologie ihre Exklusivität eingebüßt hat, ist Fußball gucken ohne Abo genauso nachgefragt und genauso illegal wie zuvor.

Du musst angemeldet sein, um Bilder zu sehen.


Es gibt heute verschiedene Möglichkeiten, um Sky „hell zu machen“, wie es in der Szene heißt. Die mit Abstand beliebteste und lukrativste ist das sogenannte Cardsharing. Das Besondere daran: Man braucht beim Cardsharing theoretisch nur ein einziges bezahltes Abo—und kann das ausnutzen, um das entschlüsselte Programm auf beliebig vielen Receivern wiederzugeben. Sobald man einmal weiß, wie die Receiver manipuliert werden können und einen relativ sicheren Vertriebsweg für die manipulierten Boxen gefunden hat, ist das ein extrem lohnendes Geschäft der Schattenwirtschaft, das Sky verständlicherweise mit allen Mitteln unterdrücken will.

„Er hat so Trottel, die das Geld für die Box dann abheben und den Typen mit dem Server bezahlen—schwarz versteht sich.“

In den vergangenen Wochen haben wir mit verschiedenen Hackern und Verkäufern gesprochen, die dafür sorgen, „dass Pay-TV wieder bezahlbar wird“, so die Werbung auf der beinahe seriös wirkenden Website eines Cardsharing-Anbieters. Wir wollten verstehen, wie das halbseidene Geschäft funktioniert, wer in der Szene davon profitiert und wie die Hacker und Verkäufer der Verfolgung durch Pay-TV-Anbieter entgehen können.

Solche Angebote, mit denen man das Sky-Abo austricksen kann, sind kinderleicht im Netz zu finden. Viele davon werben sogar für internationale Kundschaft: „Cardsharing has been created specially for viewers wishing to watch the best European channels without overpaying to the satellite operators“, heißt es auf einer Seite ganz selbstverständlich.

Du musst angemeldet sein, um Bilder zu sehen.


Fast könnte man denken, es handele sich um ein ganz gewöhnliches Produkt oder Dienstleistung—wenn da nicht der kleine Hinweis auf einer anderen Website wäre: „Erzählen Sie nur Ihren engeren Bekannten, dass sie so einen Dienst nutzen“, und „Bestellen Sie mit einer E-Mail-Adresse, die keine Rückschlüsse auf Ihre Person zulässt“.

„Anbieter wie uns gibt es schon seit 10-15 Jahren. Damals noch ohne Internet, aber das Prinzip war gleich“, schrieb einer der Hacker an Motherboard, den wir hier Carsten nennen. Wer bei ihm mit Bitcoin bezahlt, bekommt zwölf Monate Sky-Empfang für schlappe 75 Euro geliefert, was eine Ersparnis von bis zu 620 Euro pro Jahr verspricht.

Ein durchaus attraktives Angebot also für alle, die sich Sky nicht leisten können oder wollen und bereit sind, nach Anleitung selbst ein wenig am Receiver herumzuschrauben.

Deutschland sieht Carsten in einer Art Vorreiter-Rolle beim Cardsharing: „Auf internationaler Ebene ist die deutsche Szene ausgeprägt und sehr fortschrittlich. Viele Entwicklungen sind in Deutschland bzw. mit der Hilfe von deutschen Szene-Mitgliedern entstanden.“

Das Cardsharing funktioniert im Prinzip so: Eine einzelne Smartcard eines Pay-TV-Anbieters wird von mehreren, über das Internet verbundenen Nutzern parallel verwendet. Diese setzen gehackte digitale Receiver ein und zahlen eine „Gebühr" an den Betreiber des Card-Sharing-Servers. Meistens ist das der Hacker selbst. Statt einer Sky-Chipkarte wird also „Software eingesetzt, um eine Karte zu emulieren. Mithilfe von Cardsharing wird über das lokale Netzwerk oder das Internet ein Schlüssel in bestimmten Intervallen an den Emulator geschickt. Die Kombination aus Schlüssel und Emulator entschlüsselt das Signal“, erklärt Carsten.

„Satellitengeschäfte bieten dieses ,Extra’ gegen Gebühr an—natürlich diskret. Uns ist mindestens ein Fall bekannt, wo das gewaltig schief ging.“

Das Geschäft läuft aber nicht nur im Netz ab, sondern vor allem lokal und persönlich durch Mundpropaganda, wie Carsten erzählt: „Jemand hat einen Kollegen oder Bekannten, der hat seinen privaten Server und möchte die Kosten aufteilen bzw. einen Extra-Taler verdienen [Ja, das klingt nach Lustiges Taschenbuch, aber so hat er sich tatsächlich ausgedrückt, d. Red.].

Er versorgt seinen Bekannten- und Familienkreis. Diverse Satellitengeschäfte bieten dieses ,Extra’ gegen Gebühr an—natürlich diskret. Uns ist mindestens ein Fall bekannt, wo das gewaltig schief ging.“ Ins Detail wollte er nicht gehen.

Daher haben wir mit jemandem gesprochen, der diese Seite des Geschäfts genau kennt—nennen wir ihn Leo. In einem Lande für TV-Zubehör in einer Kleinstadt im deutschen Grenzgebiet verkaufte er über Jahre von Hackern wie Carsten manipulierte Sky-Boxen mit Cardsharing unter der Ladentheke. Uns hat er erzählt, wie das Geschäft funktioniert.

„Wir verkaufen nur das Gerät. Aber wir implementieren die Codes zur Entschlüsselung, und die kriegen wir per Skype von einem Typen mit dem Server. Was wir machen, ist also fast legal.“ Der Hacker spielt den Schlüssel-Emulator auf und lädt die gewünschte Senderliste ins Blue Panel der Box. Nach ein paar Tagen kann der Kunde seine manipulierte Box wieder im Laden abholen. Zu Hause empfängt er das Bild zwar über Satellit, aber muss trotzdem immer mit dem Internet verbunden sein, um die laufende Weitergabe des Schlüssels vom weit entfernten Abo-Server an die gehackten Clients zu garantieren.

Die Hacker sind in der Regel sehr vorsichtig und halten sich im Hintergrund: Gegenüber den Kunden „wechselt der alle sechs Monate seinen Namen“, meint Leo. Zudem setzt er einen Mittelsmann ein, der zur Verschleierung des Geldflusses zwischen Gerätehändler und Hacker seine Bankverbindung zur Verfügung stellt: „Er hat so Trottel, die das Geld für die Box dann abheben und den Typen mit dem Server bezahlen—schwarz, versteht sich.“

Je nachdem, welches Angebotspaket der Kunde auswählt, kosten die Sender auf dem gehackten Custom-Satellitenreceiver pro Jahr „zwischen 100-200 Euro“. Ein illegales Sky-Paket, bei dem in der Regel auch alle Film-Sender inklusive sind, kostete in Leos Laden 160 Euro im Jahresabo. Zum Vergleich: Ein Sky-Abo kostet aktuell im Komplettpaket pro Jahr 707,88 € oder 455,88 Euro pro Jahr nur für’s Sport- und Fussballpaket (Durchschnittspreis berechnet aus 24 Monaten).

„Ich würde sagen, für jeden, der Sky legal bezieht, gibt es auch einen, der Cardsharing nutzt—eins zu eins.“

Bei Amazon, so erzählten uns die Cardsharer, könne man die Receiver ganz legal für rund 200 Euro kaufen. Bei manchen, wie der Dreambox, ist Linux sogar schon vorinstalliert. Die Händler fordern jedoch bis zu 700 Euro von den Cardsharing-Kunden. Dafür spielt der Hacker bei Bedarf Linux und die Cardsharing-Software auf, damit der Händler nur noch die Codes einspeisen muss. Mit der Konkurrenz durch Ketten wie MediaMarkt wird daraus ein lukrativer, unversteuerter Nebenverdienst für die geräderten, kleinen TV-Läden.

Sein typisches Klientel beschreibt der Händler als „40-50 Prozent Junggesellen, Computerfreaks“. Aber auch viele ausländische Kunden hätte er, die die Sender ihrer Heimat vermissen. Und ansonsten viele jüngere Leute, was auch Online-Anbieter Carsten bestätigt. „Der Preis ist absolut ausschlaggebend für meine Kunden“, sagt er. „Ansonsten ist alles dabei—Mann, Frau, arbeitslos, berufstätig.“ Die Nachfrage ist in jedem Fall riesig: In einer Kleinstadt mit 17.000 Einwohnern kannte der Händler Carsten allein fünf weitere Anbieter von Cardsharing. Er selbst schätzt, innerhalb eines Monats zwischen 200 und 300 Kunden bedient zu haben. „Ich würde sagen, für jeden, der Sky legal bezieht, gibt es auch einen, der Cardsharing nutzt—eins zu eins.“

Die Anbieter solcher Server, die eine Abokarte an Geräte über die Soft-Cam-Software weiterverteilen, kommen sowohl aus dem Bereich der Informatik als auch aus der Sat-Techniker-Ecke. Als Königsdiziplin des Hackings sehen sowohl die Box-Bastler als auch die Verkäufer die Manipulation nicht; aber man müsse sich eben reinfuchsen und ein stabiles Setup etablieren. „Das kann man schon selber programmieren“, meinte Leo. „Du brauchst halt ein paar Server, die auf Linux basieren. Wenn du ruckelfreie Übertragung garantieren willst, musst du etwas mehr in die Server investieren.“ In Bezug auf zentrale Fähigkeiten, die man als erfolgreicher Cardsharing-Dealer braucht, fasst auch Carsten zusammen: „In erster Linie muss man lesen, Anleitungen abarbeiten und mitdenken können, dann schafft man es.“

„Was wir machen, ist fast legal.“

Dass diese Anleitungen zum Teil frei im Internet verfügbar sind und das Geschäft somit erleichtern, ist Rechteinhabern wie Sky selbstverständlich ein gewaltiger Dorn im Auge—Murdochs Bezahlfernsehender entgehen dadurch jedes Jahr Einnahmen in Millionenhöhe. Sky versucht deshalb mit eigenem Personal den Schwarzsehern das Handwerk zu legen, aber wirbt auch öffentlichkeitswirksam Kontrolleure an. 2010 suchte Sky bundesweit 50 Mitarbeiter, die überprüfen sollten, ob Bars, Restaurants und Hotels auch ordentlich für die Ausstrahlung von Fussballspielen oder andere Angebote von Sky bezahlen. Diese Arbeit vergütete der Sender überdurchschnittlich gut: Monatlich 2500 Euro brutto bot Sky zum Start in Deutschland in einer Stellenanzeige über einen Contractor an, und für jeden erwischten Schwarzseher gab es zusätzlich noch 280 Euro obendrauf. An einem Bundesliga-Spieltag ein eindeutig lukratives Angebot—auch wenn man sich nach erfolgreicher Abschaltung nicht allzu beliebt bei Fans in der Fussballkneipe machen dürfte.

Wie wertvoll der Schutz der Smartcards für das Geschäft der Fernsehsender ist, zeigte schon im Jahr 2002 ein filmreifer Streit zwischen zwei TV-Anbietern: Der französische Pay-TV-Sender Canal+ verklagte eine Tochterfirma des Konkurrenten Rubert Murdoch, weil diese die französischen Smartcards gehackt und die Schlüssel ins Netz geleakt haben soll—kurz danach tauchten angeblich massenhaft geknackte Boxen von Canal+ auf dem Schwarzmarkt auf: Die Anklage forderte Summen in Milliardenhöhe, man einigte sich schließlich außergerichtlich.

Aber kann man denn überhaupt erkennen, ob jemand Sky im Original guckt oder nicht? „Wenn es ruckelt, weiß man schon Bescheid“, meint Leo. Fussballkneipen und Restaurants müssen eigentlich ein Sky-Schild an der Fassade anbringen, wenn sie bis zu 10.000 Euro jährlich an Sky abdrücken. (Ihr habt es erraten: Natürlich werden auch Sky-Schilder bei Ebay heiß gehandelt...) Zusätzlich ist bei lizensierten Sky-Anbietern ein Bierglas als Wasserzeichen auf dem TV-Bildschirm zu erkennen. Wer Sky legal überträgt, „zeigt dann meistens auch den Receiver“ prominent im Raum. Ist das nicht der Fall, leuchtet auf der Box nämlich statt einer blauen Leiste ein verräterischer oranger Balken, der Sky-Kontrolleuren gleich auf den ersten Blick verrät, wer hier bescheißen will. „Auf Mallorca haben sowieso alle Cardsharing!“, lacht Leo—wie auch sonst sollten deutsche Urlauber in Spanien, wo die Übertragungsrechte gar nicht bei Sky liegen, an ihren Bundesliga-Genuss mit deutschen Kommentaren kommen?

Von diesem Problem können Bundesliga-Fans im Ausland oder Grenzgebieten ein Lied singen: Wer zum Beispiel in den Belgien oder England bestimmte Spiele der Bundesliga gucken möchte, hat manchmal gar keine andere Wahl, als auf illegale Angebote auszuweichen.

Als weitere Hürde in diesem ständigen Katz- und Maus-Spiel ändern sich auch sowohl die Frequenzen als auch die Verschlüsselungen permanent. Für eine Aktualisierung auf die neueste Frequenz muss der Kunde dann noch einmal 30 Euro hinblättern.

Die deutschen Online-Cardsharer fühlen sich abseits von üblichen Sicherheitsvorkehrungen (verschlüsselte Mails, keine Orte und Namen erwähnen, Bezahlung nur in Bitcoin) trotzdem recht sicher—auch weil alle, mit denen wir gesprochen haben, ihr Geld über einen Strohmann in der Mitte beziehen, der sein Bankkonto als Vermittler zur Verfügung stellt: „Man sieht keine komischen Bankbewegungen, und der Typ hat ne dicke Flat und macht das alles von zu Hause. Immer, wenn ich den besuche, macht er irgendwelche Wartungsarbeiten an seinen Servern“, erzählt Leo.

Zur Abschreckung forciert Sky auch immer mal wieder Anklagen und Gerichtsverhandlungen gegen Cardsharer.

„Ich muss schon etwas aufpassen“, räumt Carsten ein. „Sky ist da schon hinterher. Aber man hat uns immer gesagt, der Kunde habe nichts zu befürchten“, so Leo. Cardsharing-Anbieter werden dagegen schon ab und an hochgenommen, denn zur Abschreckung forciert Sky auch immer mal wieder Anklagen und Gerichtsverhandlungen gegen Cardsharer. Auf seinem Unternehmensblog freute sich Sky im Februar 2016 über ein „wegweisendes Urteil“ gegen einen Anbieter: Ein Mann wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung verurteilt, weil er als Cardsharer sowohl Sky als auch das Sicherheitssystem Nagravision ausgetrickst hatte. Beides, so entschied das Landgericht Verden, gelte als Computerbetrug und kann mit Gefängnis bestraft werden. Meldungen wie diese sind Teil der Öffentlichkeitsarbeit von Sky.

Zum Schluss erzählt uns Leo noch ein bisschen von der Zukunft seiner „Branche“. Die spricht ebenfalls deutsch und sitzt in Thailand: Dort vertreibt ein findiger Geschäftsmann eine kleine, glänzende Box im Internet, die alle vorstellbaren Sender per IP-TV übers Netz empfängt. Sein Produkt ist so illegal wie schick und komfortabel—und viel, viel billiger als jeder Satellitenreceiver; auch ohne Abo. „Die Benutzeroberfläche sieht so viel besser aus als bei Sky“, befindet mein Kollege, als wir über die minimalistische Website scrollen und staunen. Natürlich haben wir nicht bestellt.

Redaktionelle Mitarbeit: Benedikt Niessen von Vice Sports Deutschland.

Quelle: motherboard.vice
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Nix löschenn...
hab es verschoben
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Bei den Kneipen/Bars/Bistros ist das Problem der Preis. Es rechnet sich nur für Sky und der Wirt malocht nur für Andere. Sicherlich würde der Ein oder Andere auch Samstags in der Bar sitzen und zwei Bier/Kaffee trinken. Aber ein Abo für 7.000 oder sowas...
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Die Jäger illegaler Streams

Der Bezahlsender Sky zahlt pro Saison hunderte Millionen Euro für die Übertragungsrechte von Bundesliga und Champions-League. Illegale Streamingseiten sind dem Sender ein Dorn im Auge. Wir haben bei Sascha Tietz und Thomas Stahn von Sky nachgefragt, was man dagegen unternimmt, um illegale Streams aus dem Netz zu verbannen. Sascha Tietz, „Director Anti-Piracy & Content Security", ist mit seinem Team für die technische und operative Bekämpfung von illegalen Streamingseiten im Bereich Sport und Film zuständig. Thomas Stahn ist Jurist und „Head of Anti-Piracy / Legal Affairs", er kümmert sich dabei um alle rechtlichen Aspekte.

VICE Sports: Für die aktuelle Bundesligarechte-Periode (2013/14 bis 2016/17) zahlt Sky pro Saison im Schnitt 486 Millionen Euro. Wie viel finanziellen Schaden verursachen illegale Streamingdienste?
Sascha Tietz: Es ist extrem schwer zu sagen, wie hoch der Schaden ist und wie viel Prozent des Schadens, den die Anbieter werbefinanzierter, illegaler Streaming-Plattformen verursachen, auf Sky Deutschland entfallen. Es ist ja nicht nur das Sendesignal von Sky betroffen. Sie finden auf illegalen Plattformen ein buntes Sammelsurium: Signale, die von uns kommen, Signale von niederländischen Sendern, Eurosport ist betroffen und so weiter und so weiter. Das geht bis in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo Streams gestohlen und irgendwo anders wieder angeboten werden.

Das heißt, Sie können gar keine ungefähre Größenordnung angeben, wie viel Schaden Sky zum Beispiel an einem Bundesligaspieltag nimmt?
Tietz: Das kann man beim besten Willen nicht valide sagen. Einfacher ist es abzuschätzen, wenn es um illegales Pay-TV geht und die Nutzer die Streams gegen Gebühr schauen, also unser Geschäftsmodell direkt kopiert wird. Wir kennen die Einnahmen von zwei Pay-Plattformen, die wir in der Vergangenheit hochnehmen konnten. Die Frage ist dann aber wieder, ob jeder, der einen illegalen Stream guckt, auch ein Abo bei uns abschließen würde. Diese Rechnung, diese Analogie ist generell schwierig.

Wie viel Geld nimmt denn so eine illegale Pay-TV-Streaming-Plattform ein?
Thomas Stahn: Im Jahr 2013 konnte die Polizei eine Plattform namens teamstream.to hochnehmen. Die Plattform hatte über 22.000 registrierte Nutzer. Das war ein klassisches Pay-Modell, also nicht werbefinanziert: Die Leute mussten eine Abonnement-Gebühr bezahlen. Innerhalb von zwei Jahren hat teamstream.to geschätzt eine knappe halbe Million eingespielt. Für die Anbieter war das durchaus lukrativ, das war ein kleines Team, das im Wesentlichen nur aus drei Leuten bestand.

Was mussten die Nutzer dort monatlich für ein illegales Sky-Abo zahlen?
Stahn: Um die zehn Euro. Die Preise variierten, je nachdem, welches Paket man abonniert hatte.

Wir hatten testweise mal eine Kundenserviceanfrage bei einem illegalen Anbieter laufen und die Antwort lautete nur: „Fuck you und laber keinen Shit"

Sky zum Spottpreis...
Tietz: Ja, die illegalen Anbieter sparen sich den Rechteeinkauf, Produktionskosten, Kundenservice et cetera. Wir hatten testweise mal eine Kundenserviceanfrage bei einem illegalen Anbieter laufen und die Antwort lautete nur: „Fuck you und laber keinen Shit". Wir bei Sky erheben schon den Anspruch, unseren Kunden gehaltvoller zu helfen als mit so einer Antwort...

Auf welchem Kriminalitätslevel bewegen sich die Anbieter einer illegalen Pay-Plattform?
Stahn: Die machen Brutto gleich Netto. Und deren Hauptproblem ist dann irgendwann die Geldwäsche. Da geht es dann nicht mehr nur um die Urheberrechtsverletzungen, sondern neben der nicht autorisierten Verbreitung unseres Rundfunksignals auch um Steuerhinterziehung. Diese Leute sind sich in der Regel gar nicht bewusst, in was für eine Spirale sie da geraten und was sie sich und ihren Familien antun, wenn man ihnen auf die Schliche kommt.

Geht es Ihnen beim Vorgehen gegen illegale Streams nicht nur ums Geld, sondern auch ums Prinzip – also um Gerechtigkeit und die Wahrung von Exklusivität?
Stahn: Erstens natürlich Gerechtigkeit. Ich habe ein großes Problem damit, beklaut zu werden. Dagegen möchte ich mich wehren. Aber es geht auch darum, unser Geschäftsmodell zu schützen. Wir verfügen über das wertvollste und exklusivste Portfolio an Inhalten in den Bereichen Live-Sport, Film und Serien in Deutschland und Österreich. Unsere Aufwendungen für Programmrechte sind immens. Sie werden von unseren ehrlichen Kunden refinanziert, die für unser Angebot einen angemessenen Preis zahlen. Wir werden es nicht hinnehmen, dass sich Kriminelle auf unsere und die Kosten unserer Kunden bereichern.

Tietz: Wir wollen wie jeder andere auch, dass die Arbeit, die hier geleistet wird, anerkannt wird. Wenn man daran denkt, was die Kollegen, die unsere Sendungen Woche für Woche produzieren, da an Herzblut reinstecken, sind solche parasitären Geschäftsmodelle schwer zu ertragen. Die Anbieter illegaler Streams bereiten ja redaktionell auch nichts auf. Die nehmen unseren Content und verbreiten den. Das ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Kollegen – vom Kabelträger bis zum Regisseur.

Herr Tietz, Sie fahnden an Bundesliga- und Champions-League-Spieltagen mit ihrem Team im Internet nach illegalen Sky-Fußballübertragungen, um sie dann vom Netz zu nehmen. Wie funktioniert das?
Tietz: Der eine Teil des Teams sitzt in Live-Schichten und spürt illegale Sky-Übertragungen auf. Die Kollegen, die dort arbeiten, verhalten sich im Prinzip wie Nutzer und googlen nach Streams. Wenn jemand dann eine Plattform identifiziert hat, versucht er sie zu kontaktieren und auf die Urheberrechtsverletzung aufmerksam zu machen. Dieser Teil des Teams arbeitet eng mit der Technik- und der Rechtsabteilung zusammen, die die Ergebnisse dann aufbereiten. Wenn wir uns die illegalen Plattformen später genauer angucken und Beweise sichern wollen, muss alles hieb- und stichfest, sauber recherchiert und strukturiert sein.

In der Technikabteilung arbeiten Informatiker, in der Rechtsabteilung Juristen – wer erledigt das schnelle Geschäft, also das Aufspüren der illegalen Streams?
Tietz: Da arbeiten wir sehr gerne und erfolgreich mit Studenten aus den Fachbereichen Sport, Medien und Informatik zusammen. Ich will nicht sagen, dass es ein Einstellungskriterium ist, aber: Wenn jemand schon mal einen illegalen Stream geschaut hat, wissen wir, dass derjenige in der Lage ist, einen Stream zu finden.

Wir sind teilweise aber auch in der Lage, Streams aus der Ferne binnen einer Minute abzuschalten. Für mich ist das fast eine Art „E-Sport": Es ist unwahrscheinlich cool, wenn der Schütze beim Elfmeter anläuft, und dann ist der Stream plötzlich weg.

Das Finden eines Streams ist die eine Sache – aber ist das Kontaktieren eines Seitenbetreibers illegaler Sky-Angebote nicht unheimlich schwierig?
Tietz: Viele technische Provider sind erstaunlich kooperativ, reagieren auf unsere Anrufe oder Mails und nehmen den Stream danach herunter. Wir sind teilweise aber auch in der Lage, Streams aus der Ferne binnen einer Minute abzuschalten. Für mich ist das fast eine Art „E-Sport": Es ist unwahrscheinlich cool, wenn der Schütze beim Elfmeter anläuft, und dann ist der Stream plötzlich weg – in solchen Momenten wird sich der ein oder andere sicher fragen, ob er bei uns nicht besser aufgehoben wäre.

Und wenn beides nicht funktioniert, weder Kontaktieren noch Abschalten?
Tietz: Nun, die Server stehen nicht unbedingt immer auf den Cayman Islands oder in Panama, wie man oft annimmt. Die Streams kommen aus den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich oder Rumänien. Denn die Anbieter illegaler Streams haben auch einen gewissen Anspruch gegenüber ihren Nutzern: Die wollen ja nicht, dass die fünf Minuten später jubeln, als die, die es legal im Fernsehen schauen. Die Anbieter sind also dazu genötigt, ihre Server möglichst im europäischen Raum aufzustellen, damit die Verzögerung nicht so groß ist. Wer nicht reagiert und kooperiert, gerät so über kurz oder lang in unseren Fokus und wird gegebenenfalls juristisch verfolgt.

Gibt es auch technische Schutzmaßnahmen, die die illegale Verbreitung eines Sendesignals im Vorfeld verhindern können? Oder können Sie die illegal verbreiteten Signale sogar stören?
Tietz: Ein Stören dieser Sendesignale ist schwierig. Das Signal kommt per Satellit oder aus dem Kabelnetz und jeder, der dazu berechtigt ist, kann das Signal auffangen. Ob derjenige es dann illegal weiterverbreitet, das liegt nicht mehr in unserem Einflussbereich, da können wir nichts stören. Derjenige würde das Signal geschützt auf einen Streaming-Server hochladen und von dort verbreiten. Wir können in diesen Teil der Signalkette nicht eingreifen.

Was können Sie in Zukunft gegen illegale Streams tun?
Tietz: Wir arbeiten daran, jedes einzelne von uns gesendete Signal identifizieren und zurückverfolgen zu können. Selbst, wenn das Signal mehrfach transkodiert würde, könnten wir den illegalen Stream aufspüren und immer herausfinden, wer unser Sendesignal ursprünglich weiterverbreitet hat. Das sind Perspektiven, die uns froh stimmen, dass wir das Thema mittelfristig stärker in den Griff kriegen.

Wir stellen Vorermittlungen an und übergeben den Ermittlungsbehörden dann unsere Rechercheergebnisse. Bei einer gewissen Tragweite interessiert sich dann auch das BKA dafür.

Sie sprachen eben bereits den Fall von teamstream.to aus dem Jahr 2013 an. Welche großen Erfolge konnten Sie sonst noch bei der Jagd nach illegalen Streams feiern?
Stahn: Die Beschlagnahmung der Plattform istreams.to durch das Bundeskriminalamt Anfang dieses Jahres fällt definitiv in diese Kategorie. Da ging es wie bei teamstream.to um ein Pay-Modell. Das war für uns ein großer Erfolg, da wir das Thema auch beim BKA platzieren konnten und das Phänomen „Illegales Streaming" nicht mehr nur als Urheberrechtsverletzung, sondern auch als Teil von Cybercrime wahrgenommen wird—illegale Übertragungen werden mehr und mehr Teil der organisierten Kriminalität. Eine klassische Urheberrechtsverletzung landet ja normalerweise nicht beim BKA. Wir stellen Vorermittlungen an und übergeben den Ermittlungsbehörden dann unsere Rechercheergebnisse. Bei einer gewissen Tragweite interessiert sich dann auch das BKA dafür.

Was ist mit der Seite istreams.to und dem Betreiber passiert?
Stahn: Die Plattform ist inzwischen nicht mehr erreichbar, der Betreiber wurde vorläufig festgenommen. Nach der Razzia prangte wochenlang ein Banner auf der Seite: „Beschlagnahmt vom BKA". Das ist für uns ein schöner Effekt, weil es den Nutzern auch zeigt, dass es sich beim illegalen Abrufen unserer Inhalte nicht um ein Kavaliersdelikt handelt. Das Geld, das die Leute auf illegalen Pay-Plattformen zahlen, fließt beispielsweise in Drogengeschäfte oder gefälschte Ausweispapiere. Das ist den Nutzern bisher gar nicht so bewusst, dass sie damit hochgradig kriminelle Geschäftsmodelle unterstützen und sich selbst auch noch schädigen.

Inwiefern?
Tietz: Wir müssen jeden Tag, bevor wir anfangen nach Streams zu suchen, unsere Rechner säubern. Es ist unglaublich, wie viel Schadsoftware man sich alleine an einem Bundesliga- oder Champions-League-Spieltag einfängt. Und es ist durchaus wahrscheinlich, dass jemand, der sich regelmäßig illegale Streams anschaut, Teil mindestens eines kriminellen Bot-Netzes ist, über das wiederum Spam und Malware verbreitet wird – das ist den Wenigsten bewusst, denke ich.

Sie sind jetzt seit vielen Jahren auf der Jagd nach Streams. Wie hat sich die Szene verändert?
Tietz: Es ist eine starke Konsolidierung in der Szene der illegalen Streams zu erkennen: Die Anzahl der werbefinanzierten Streaming-Plattformen ist ungefähr gleich geblieben. Aber sie gehören immer weniger Leuten. Wenn meine Kollegen einen Stream „abschießen", dann verschwindet der aus sieben oder acht anderen Plattformen. Das sind große Netzwerke und deren Betreiber sind mit allen Wassern gewaschen, extrem professionell. Die schrecken nicht davor zurück, ihre Konkurrenten vom Markt zu drängen – auch mit nicht so netten Mitteln.

Von welchen Mitteln sprechen wir da?
Tietz: Das einfachste Mittel wäre ein DDoS-Angriff (Distributed Denial of Service, Anm. d. Verf.), damit kann man andere Plattformen lahmlegen, so dass sie nicht mehr verfügbar sind. Und ich habe gerüchteweise gehört, dass unter Konkurrenten auch schon mal Radmuttern gelöst worden sind. Das ist ein richtiges Business. Diesen Leuten geht es nicht darum, der Robin Hood für Sportübertragungen zu sein – sondern einzig und allein um ihren persönlichen Profit.

Sascha Tietz, Thomas Stahn, ich danke Ihnen für das interessante Gespräch!

Quelle: sports.vice
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

tolle Beiträge , da gabs ja schon einige von und nun ?? , wenn s Pairing mal irgendwann durch ist , zeigt sich Sky stolz und verbannt damit all die bösen Leute... dann geht das Spiel halt einfach mit IPTV weiter ... und dann wird wieder weiter gejammert :D
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Die Perspektive "digitales Wasserzeichen" für künftige Identifizierung von Streams wird ja schon angesprochen. Das würde vielleicht das streamen erschweren.
Bin persönlich auch gegen Cardsharing bzw. inoffizielle Streams. Allerdings heiligt der Zweck für Sky nicht die Mittel. Zwangsgeräte im laufenden Vertrag - das geht nicht.
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Vielen herzlichen Dank fürs auf die Startseite bringen!
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Tietz: Ja, die illegalen Anbieter sparen sich den Rechteeinkauf, Produktionskosten, Kundenservice et cetera. Wir hatten testweise mal eine Kundenserviceanfrage bei einem illegalen Anbieter laufen und die Antwort lautete nur: „Fuck you und laber keinen Shit". Wir bei Sky erheben schon den Anspruch, unseren Kunden gehaltvoller zu helfen als mit so einer Antwort...
Ich hatte die letzen Wochen öfter mit der Hotline von Sky zu kämpfen. Die drücken sich vielleicht nicht so aus aber von der Antwort her kommt es ungefähr aufs gleiche raus... Und frech sind die teilweise. Dokumentieren tun die auch falsch...
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Der Titel sollte heißen: Die Hacker die SKY Millionen bringen. Nämlich die Quote ist dann viel Höher das wissen auch die Werbepartner.
Ausserdem zahlen viele ein Abo und teilen es mit ein paar Freunden wenns Pairing durch ist kündigen die.
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Ich garantiert nicht,schlechtes Filmprogramm und noch viel zu viel Werbung.
 
AW: Cardsharing: Die Hacker, die Sky Millionen kosten

Niemand wird gezwungen, und nur wegen Sharing, also Billig Billig Billig, na Toll!!!!
 
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