Wer über den Kabelanschluss im Internet surft, kennt das Phänomen: Abends bricht die Bandbreite zusammen. Kabelnetzbetreiber wie Vodafone bauen deshalb ihre Netze aus.
Beim Streamen wird die Shared-Medium-Eigenschaft von Kabelinternet besonders deutlich. (Bild: Pexels)
Es gibt einen Grund, warum Telekommunikationsunternehmen, die FTTH-Netze (Fiber to the home) bauen, im Marketing von "echten" oder "reinen" Glasfasernetzen sprechen. Sie wollen sich vom TV-Kabelnetz absetzen, das nur zu Teilen aus Glasfaser besteht. Ein großer Unterschied zwischen einem FTTH- und einem TV-Kabelanschluss, über den Nutzer im Internet surfen, besteht darin, dass sich FTTH-Nutzer die Bandbreite nicht mit anderen teilen müssen.
Das wiederum ist im TV-Kabelnetz der Fall, weshalb man auch von einem "Shared Medium" spricht: Die Gesamtkapazität wird unter den Nutzern aufgeteilt. Das bedeutet, je mehr Nutzer gleichzeitig online sind, desto weniger Bandbreite steht jedem Einzelnen zur Verfügung. Deshalb erhöhen Kabelnetzbetreiber den Glasfaseranteil in ihren Netzen.
Wenn alle streamen, droht die Netzüberlastung
Insbesondere datenintensive Anwendungen wie Videostreaming zwingen die Bandbreite in die Knie, wenn viele Nutzer gleichzeitig Serien über Netflix schauen oder Filme über die Mediatheken der TV-Sender streamen. Und das geschieht vornehmlich im Feierabend, weshalb die verfügbare Bandbreite im TV-Kabelnetz vor allem in den Abendstunden oft unter der gebuchten Bandbreite liegt.
Das spiegelte sich auch in der ersten groß angelegten Breitbandmessung der Bundesnetzagentur (BNetzA) aus den Jahren 2015 und 2016 wider. "Gerade bei den von Kabelnetzbetreibern geprägten höheren Bandbreiteklassen 6 (100 Mbit/s bis kleiner 200 Mbit/s) und 7 (200 Mbit/s bis kleiner 500 Mbit/s) konnten niedrigere Download-Datenübertragungsraten in den Abendstunden beobachtet werden", schreibt die BNetzA in ihrem Bericht. In der Bandbreitenklasse 7 sank die gemessene Datenübertragungsrate in den Abendstunden im Vergleich zu dem am Morgen ermittelten Maximalwert um bis zu 45 Prozent.
Mehr Fiber Nodes führen zu kleineren Clustern
Was unternehmen die Kabelnetzbetreiber dagegen? Sie führen die Glasfaser näher an die Haushalte heran. Das TV-Kabelnetz, auch als Hybrid-Fiber-Coax-Netz bezeichnet (HFC), besteht aus verschiedenen Clustern oder Segmenten, in denen der Netzbetreiber eine gewisse Anzahl an Haushalten zusammenfasst, die er über sein Netz versorgt. Jeder Cluster hängt an einem Fiber Node, der wiederum mit dem Glasfaser-Backbone des HFC-Netzes verbunden ist.
Netzsegmentierung zeigt bei Vodafone Wirkung
Die zunehmende Segmentierung in kleinere Cluster zeigt Wirkung. Laut der aktuellen BNetzA-Messung (Messzeitraum zwischen dem 1. Oktober 2020 und dem 1. Februar 2021) sinkt die prozentual verfügbare Datenrate in der Bandbreitenklasse 7 in den frühen Abendstunden zwar immer noch, aber inzwischen erhalten 52 Prozent der Breitbandkunden von Vodafone die vollständig gebuchte Bandbreite. Bei der Messung im Zeitraum 2015/2016 lag der Anteil noch bei 35 Prozent.
Um den Anteil der Kunden zu erhöhen, die auch das bekommen, was sie gebucht haben, führen Kabelnetzbetreiber mit der Netzsegmentierung die Glasfaser immer näher an die Haushalte heran. Im Node wird aus dem optischen ein elektrisches Signal, das über koaxiale Kupferkabel bis in die Haushalte übertragen wird. Auf dieser Strecke, auch als letzte Meile bezeichnet, nutzt Vodafone den Übertragungsstandard Docsis (Data Over Cable Service Interface Specification).
Docsis 4.0 soll Entlastung bringen
Die Version 3.1 ermöglicht im Download Bandbreiten im Gigabit-Bereich. Mit Docsis 4.0 sollen sogar im Download bis zu 10 Gbit/s für einzelne Haushalte möglich sein, und auch im Upload, bislang die Achillesverse in HFC-Netzen, sollen Gigabit-Geschwindigkeiten erreicht werden.
Es bleibt jedoch dabei, dass HFC-Netze ein Shared Medium sind. Steigende Kapazitäten nutzen nur dann etwas, wenn sie den Breitbandbedarf der Nutzer abdecken. Und der steigt unaufhörlich, was ein Grund dafür sein dürfte, dass die BNetzA auch in der aktuellen Messung noch immer die Feierabend-Delle in der Breitbandklasse 7 feststellt.
Wann und ob Docsis 4.0 eingeführt wird, steht zudem noch in den Sternen. Es könnte auch passieren, dass Kabelnetzbetreiber schon vor der Einführung damit begonnen haben, das Kupferkabel auf der letzten Meile durch Glasfaser zu ersetzen und daher auf Docsis 4.0 verzichten - oder sie werden von echten Glasfasernetzbetreibern überbaut und wären dann zumindest technologisch im Hintertreffen. Noch sind Gigabit-Tarife im Kabelnetz günstiger als in FTTH-Netzen.
Marc Hankmann ist freier Fachjournalist und berichtet über IT- und TK-Themen sowie über digitale Medien. Weitere Infos unter www.text-management.com
Quelle; golem
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Beim Streamen wird die Shared-Medium-Eigenschaft von Kabelinternet besonders deutlich. (Bild: Pexels)
Es gibt einen Grund, warum Telekommunikationsunternehmen, die FTTH-Netze (Fiber to the home) bauen, im Marketing von "echten" oder "reinen" Glasfasernetzen sprechen. Sie wollen sich vom TV-Kabelnetz absetzen, das nur zu Teilen aus Glasfaser besteht. Ein großer Unterschied zwischen einem FTTH- und einem TV-Kabelanschluss, über den Nutzer im Internet surfen, besteht darin, dass sich FTTH-Nutzer die Bandbreite nicht mit anderen teilen müssen.
Das wiederum ist im TV-Kabelnetz der Fall, weshalb man auch von einem "Shared Medium" spricht: Die Gesamtkapazität wird unter den Nutzern aufgeteilt. Das bedeutet, je mehr Nutzer gleichzeitig online sind, desto weniger Bandbreite steht jedem Einzelnen zur Verfügung. Deshalb erhöhen Kabelnetzbetreiber den Glasfaseranteil in ihren Netzen.
Wenn alle streamen, droht die Netzüberlastung
Insbesondere datenintensive Anwendungen wie Videostreaming zwingen die Bandbreite in die Knie, wenn viele Nutzer gleichzeitig Serien über Netflix schauen oder Filme über die Mediatheken der TV-Sender streamen. Und das geschieht vornehmlich im Feierabend, weshalb die verfügbare Bandbreite im TV-Kabelnetz vor allem in den Abendstunden oft unter der gebuchten Bandbreite liegt.
Das spiegelte sich auch in der ersten groß angelegten Breitbandmessung der Bundesnetzagentur (BNetzA) aus den Jahren 2015 und 2016 wider. "Gerade bei den von Kabelnetzbetreibern geprägten höheren Bandbreiteklassen 6 (100 Mbit/s bis kleiner 200 Mbit/s) und 7 (200 Mbit/s bis kleiner 500 Mbit/s) konnten niedrigere Download-Datenübertragungsraten in den Abendstunden beobachtet werden", schreibt die BNetzA in ihrem Bericht. In der Bandbreitenklasse 7 sank die gemessene Datenübertragungsrate in den Abendstunden im Vergleich zu dem am Morgen ermittelten Maximalwert um bis zu 45 Prozent.
Mehr Fiber Nodes führen zu kleineren Clustern
Was unternehmen die Kabelnetzbetreiber dagegen? Sie führen die Glasfaser näher an die Haushalte heran. Das TV-Kabelnetz, auch als Hybrid-Fiber-Coax-Netz bezeichnet (HFC), besteht aus verschiedenen Clustern oder Segmenten, in denen der Netzbetreiber eine gewisse Anzahl an Haushalten zusammenfasst, die er über sein Netz versorgt. Jeder Cluster hängt an einem Fiber Node, der wiederum mit dem Glasfaser-Backbone des HFC-Netzes verbunden ist.
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- Schematische Darstellung des Aufbaus eines HFC-Netzes
Netzsegmentierung zeigt bei Vodafone Wirkung
Die zunehmende Segmentierung in kleinere Cluster zeigt Wirkung. Laut der aktuellen BNetzA-Messung (Messzeitraum zwischen dem 1. Oktober 2020 und dem 1. Februar 2021) sinkt die prozentual verfügbare Datenrate in der Bandbreitenklasse 7 in den frühen Abendstunden zwar immer noch, aber inzwischen erhalten 52 Prozent der Breitbandkunden von Vodafone die vollständig gebuchte Bandbreite. Bei der Messung im Zeitraum 2015/2016 lag der Anteil noch bei 35 Prozent.
Um den Anteil der Kunden zu erhöhen, die auch das bekommen, was sie gebucht haben, führen Kabelnetzbetreiber mit der Netzsegmentierung die Glasfaser immer näher an die Haushalte heran. Im Node wird aus dem optischen ein elektrisches Signal, das über koaxiale Kupferkabel bis in die Haushalte übertragen wird. Auf dieser Strecke, auch als letzte Meile bezeichnet, nutzt Vodafone den Übertragungsstandard Docsis (Data Over Cable Service Interface Specification).
Docsis 4.0 soll Entlastung bringen
Die Version 3.1 ermöglicht im Download Bandbreiten im Gigabit-Bereich. Mit Docsis 4.0 sollen sogar im Download bis zu 10 Gbit/s für einzelne Haushalte möglich sein, und auch im Upload, bislang die Achillesverse in HFC-Netzen, sollen Gigabit-Geschwindigkeiten erreicht werden.
Es bleibt jedoch dabei, dass HFC-Netze ein Shared Medium sind. Steigende Kapazitäten nutzen nur dann etwas, wenn sie den Breitbandbedarf der Nutzer abdecken. Und der steigt unaufhörlich, was ein Grund dafür sein dürfte, dass die BNetzA auch in der aktuellen Messung noch immer die Feierabend-Delle in der Breitbandklasse 7 feststellt.
Wann und ob Docsis 4.0 eingeführt wird, steht zudem noch in den Sternen. Es könnte auch passieren, dass Kabelnetzbetreiber schon vor der Einführung damit begonnen haben, das Kupferkabel auf der letzten Meile durch Glasfaser zu ersetzen und daher auf Docsis 4.0 verzichten - oder sie werden von echten Glasfasernetzbetreibern überbaut und wären dann zumindest technologisch im Hintertreffen. Noch sind Gigabit-Tarife im Kabelnetz günstiger als in FTTH-Netzen.
Marc Hankmann ist freier Fachjournalist und berichtet über IT- und TK-Themen sowie über digitale Medien. Weitere Infos unter www.text-management.com
Quelle; golem