(dm) – Die Digitalisierung dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen, mag funktionieren, muss es aber nicht. In fast allen Industrienationen gibt es klar definierte Umschalttermine von der analogen in die digitale Welt. In den meisten Fällen betrifft das freilich nur die Terrestrik, für Satellit und Kabel gibt es andere Verabredungen, meist dann doch auf freiwilliger Basis.
Aber weder ein reguliertes Umstiegsszenario noch ein freiwillig verabredetes scheint in Deutschland zu greifen – die Interessen ticken nicht im Gleichtakt. „Es gibt einfach keinen festen Zeitpunkt für eine analoge Abschaltung in Deutschland. Obwohl Kabel und Satellit beide die Digitalisierung betreiben, hat sich das Wirtschaftsministerium nicht zu einem Termin durchringen können“, erklärt Michael Kayser von BBC World als Moderator einer Veranstaltung zur digitalen Kabelzukunft im Rahmen des Medientreffpunk Mitteldeutschland. Und weiter: „Damit sind wir fast das einzige Land, in dem es keinen digitalen D-Day gibt, wo abgeschaltet werden soll.“ Die Konsequenz könnte sein: Der Satellit schafft Fakten, die dem Kabel verwehrt sind.
So hat Eutelsat laut eigenen Angaben überhaupt keine analogen Kanäle mehr, und Astra erreicht Ende 2010 bei 90 Prozent seiner Nutzer die Digitalisierung – die Informationskampagne dürfte es möglich werden lassen. Und bei 90 Prozent könnte – zumindest theoretisch – der Schalter von A nach D umgelegt werden.
Dass das Kabel zögerlich ist, kommt nicht von ungefähr. Vor allem die beiden großen Programmfamilien RTL und Pro Sieben Sat 1 wollen Free nur analog, Pay aber digital, eben der Werbung gehorchend.
Dass auch die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten hier nicht eingreift, sondern bestenfalls moderierend tätig wird, ist eines der Themenfelder während des Medientreffs. Bei DVB-T ging es schließlich auch. Martin Heine, Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt, hat „keine Kompetenz einzugreifen, in den Mediengesetzen und dem Medienstaatsvertrag ist das nicht vorgesehen“. Und weiter: „Aber die ALM ist pro Digital, doch wir werden uns bei einem so diffizilen Markt nicht an die Spitze der Bewegung setzen, die Lösungsansätze müssen von den Beteiligten kommen.“ Tun sie bloß nicht.
Die Digitalisierung ist in vielen Fällen ein Muss – nicht zuletzt für die Einspeisung von HDTV-Programmen. Doch die fehlen noch im Kabel. Um da rein zu kommen, sind die KNBs in die Rolle der Gatekeeper geschlüpft, lassen nur rein, wer entsprechende Einspeisegebühren zahlt. ARD und ZDF wollen (noch) nicht – der Kampf geht auf Kosten der Nutzer, die Verhandlungen laufen. Höhere Kabelgebühren sind auch nicht opportun – die Konkurrenz wartet nur darauf. So bleibt es beim HDTV-mäßigen „Blindenfernsehen“, wie Kayser es nennt.
Die Kabelveranstalter sind in der Pflicht, müssen ihre analogen Kanäle räumen, um das gleichwertige Angebot dem Kunden auch über die Kabeldose zu bringen. „Sonst wird früher oder später die Frage kommen, bin ich als Mieter im HDTV-Niemandsland?“, so Heine. Die Schüssel könnte dann wieder ans Haus – die Gerichte würden früher oder später so entscheiden. Trotzdem hält Heine eine marktgetriebene Digitalisierung für möglich und rät zu etwas mehr Marktvertrauen.
Auch Wolfgang Elsäßer, Geschäftsführer von Astra Deutschland, glaubt an einen freien Markt, an kommerzielle Kräfte und Wirtschaftsunternehmen, die selbst die Entscheidungen tragen müssen. Für ihn sind die Sender die Treiber. „Die entscheiden, wann sie die analogen Signale abschalten“. Immerhin sind 70 Prozent der Astra-Haushalte schon digital.
Kabel Deutschland setzt ebenfalls auf einen marktgetriebenen Umstieg, wie Annette Schumacher betont. „Wir tun sehr viel dafür, um die Digitalisierung voranzubringen.“ (Was bei einem Großteil der Kabelnutzer aber noch nicht angekommen zu sein scheint, d. Red.). Auf der anderen Seite gehören auch die Sender zu den Kunden – und die sehen in der Digitalisierung offensichtlich andere Chancen. Sowohl die Verbraucherschützer als auch Wohnungswirtschaft hätten kein Interesse an einer Zwangsdigitalisierung.
Ein hartes Abschaltdatum im Kabel sei zudem „gesetzlich gar nicht so einfach durchzusetzen“. Zudem gäbe es eine Knappheit für HDTV-Programme nicht. „Wir werden – wenn wir uns mit den Sendern entsprechend verständigen – natürlich HD einspeisen müssen – zwingt uns ja schon der Wettbewerb dazu“, so Schumacher. Dabei ist das Kabel zu 100 Prozent digital – die Geräte der Endkunden müssen es noch werden.
Je kleiner die Netzbetreiber – desto größer die Probleme. Diesen Eindruck vermittelt das Statement von Ulrich Heynmöller von KDL. Viele Netzbetreiber hätten noch 450, 470 MHz-Netze und müssten da 30 bis 33 analoge Programme einspeisen.
„Entweder ist eine Aufrüstung auf 606 oder 862 MHz möglich, oder wir müssen mit den Landesmedienanstalten zu einer Lösung kommen, nur 15 analoge Kanäle einspeisen zu müssen, sofern die Penetration mit digitalen Endgeräten in den Haushalten 90 Prozent überschreitet.“ Jedenfalls wird eines deutlich – ohne Unterstützung der LMAs scheint es nicht zu gehen. Eutelsat ist hingegen fein raus – 100 Prozent digital. „Wir würden eine marktgetriebene Umstellung in den Kabelnetzen als beste Lösung bevorzugen, doch scheint das angesichts der jahrelangen Diskussionen nicht zu funktionieren“, so Martina Rutenbeck von Eutelsat Kabelkiosk. Schließlich sei selbst die Kabelbelegung über Belegungssatzungen durchaus politisch vorgegeben.
Volker Belz sieht für Tele Columbus/Primacom die Notwendigkeit, 1.500 Kopfstellen umzubauen, und zwar gleich dreimal: Abschaltung des analogen Signals, Simulcast von SD und HD sowie irgendwann die SD-Abschaltung. Mehrere 10 Millionen Euro dürfte das kosten. Zudem gäbe es eine Wettbewerbsverzerrung: Einspeiseentgelte würden nicht gleichmäßig an alle Kabelnetzbetreiber gezahlt. Immerhin – ohne politisch vorgegebenen Umschalttermin geht es laut Belz nicht.
Quelle:
Aber weder ein reguliertes Umstiegsszenario noch ein freiwillig verabredetes scheint in Deutschland zu greifen – die Interessen ticken nicht im Gleichtakt. „Es gibt einfach keinen festen Zeitpunkt für eine analoge Abschaltung in Deutschland. Obwohl Kabel und Satellit beide die Digitalisierung betreiben, hat sich das Wirtschaftsministerium nicht zu einem Termin durchringen können“, erklärt Michael Kayser von BBC World als Moderator einer Veranstaltung zur digitalen Kabelzukunft im Rahmen des Medientreffpunk Mitteldeutschland. Und weiter: „Damit sind wir fast das einzige Land, in dem es keinen digitalen D-Day gibt, wo abgeschaltet werden soll.“ Die Konsequenz könnte sein: Der Satellit schafft Fakten, die dem Kabel verwehrt sind.
So hat Eutelsat laut eigenen Angaben überhaupt keine analogen Kanäle mehr, und Astra erreicht Ende 2010 bei 90 Prozent seiner Nutzer die Digitalisierung – die Informationskampagne dürfte es möglich werden lassen. Und bei 90 Prozent könnte – zumindest theoretisch – der Schalter von A nach D umgelegt werden.
Dass das Kabel zögerlich ist, kommt nicht von ungefähr. Vor allem die beiden großen Programmfamilien RTL und Pro Sieben Sat 1 wollen Free nur analog, Pay aber digital, eben der Werbung gehorchend.
Dass auch die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten hier nicht eingreift, sondern bestenfalls moderierend tätig wird, ist eines der Themenfelder während des Medientreffs. Bei DVB-T ging es schließlich auch. Martin Heine, Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt, hat „keine Kompetenz einzugreifen, in den Mediengesetzen und dem Medienstaatsvertrag ist das nicht vorgesehen“. Und weiter: „Aber die ALM ist pro Digital, doch wir werden uns bei einem so diffizilen Markt nicht an die Spitze der Bewegung setzen, die Lösungsansätze müssen von den Beteiligten kommen.“ Tun sie bloß nicht.
Die Digitalisierung ist in vielen Fällen ein Muss – nicht zuletzt für die Einspeisung von HDTV-Programmen. Doch die fehlen noch im Kabel. Um da rein zu kommen, sind die KNBs in die Rolle der Gatekeeper geschlüpft, lassen nur rein, wer entsprechende Einspeisegebühren zahlt. ARD und ZDF wollen (noch) nicht – der Kampf geht auf Kosten der Nutzer, die Verhandlungen laufen. Höhere Kabelgebühren sind auch nicht opportun – die Konkurrenz wartet nur darauf. So bleibt es beim HDTV-mäßigen „Blindenfernsehen“, wie Kayser es nennt.
Die Kabelveranstalter sind in der Pflicht, müssen ihre analogen Kanäle räumen, um das gleichwertige Angebot dem Kunden auch über die Kabeldose zu bringen. „Sonst wird früher oder später die Frage kommen, bin ich als Mieter im HDTV-Niemandsland?“, so Heine. Die Schüssel könnte dann wieder ans Haus – die Gerichte würden früher oder später so entscheiden. Trotzdem hält Heine eine marktgetriebene Digitalisierung für möglich und rät zu etwas mehr Marktvertrauen.
Auch Wolfgang Elsäßer, Geschäftsführer von Astra Deutschland, glaubt an einen freien Markt, an kommerzielle Kräfte und Wirtschaftsunternehmen, die selbst die Entscheidungen tragen müssen. Für ihn sind die Sender die Treiber. „Die entscheiden, wann sie die analogen Signale abschalten“. Immerhin sind 70 Prozent der Astra-Haushalte schon digital.
Kabel Deutschland setzt ebenfalls auf einen marktgetriebenen Umstieg, wie Annette Schumacher betont. „Wir tun sehr viel dafür, um die Digitalisierung voranzubringen.“ (Was bei einem Großteil der Kabelnutzer aber noch nicht angekommen zu sein scheint, d. Red.). Auf der anderen Seite gehören auch die Sender zu den Kunden – und die sehen in der Digitalisierung offensichtlich andere Chancen. Sowohl die Verbraucherschützer als auch Wohnungswirtschaft hätten kein Interesse an einer Zwangsdigitalisierung.
Ein hartes Abschaltdatum im Kabel sei zudem „gesetzlich gar nicht so einfach durchzusetzen“. Zudem gäbe es eine Knappheit für HDTV-Programme nicht. „Wir werden – wenn wir uns mit den Sendern entsprechend verständigen – natürlich HD einspeisen müssen – zwingt uns ja schon der Wettbewerb dazu“, so Schumacher. Dabei ist das Kabel zu 100 Prozent digital – die Geräte der Endkunden müssen es noch werden.
Je kleiner die Netzbetreiber – desto größer die Probleme. Diesen Eindruck vermittelt das Statement von Ulrich Heynmöller von KDL. Viele Netzbetreiber hätten noch 450, 470 MHz-Netze und müssten da 30 bis 33 analoge Programme einspeisen.
„Entweder ist eine Aufrüstung auf 606 oder 862 MHz möglich, oder wir müssen mit den Landesmedienanstalten zu einer Lösung kommen, nur 15 analoge Kanäle einspeisen zu müssen, sofern die Penetration mit digitalen Endgeräten in den Haushalten 90 Prozent überschreitet.“ Jedenfalls wird eines deutlich – ohne Unterstützung der LMAs scheint es nicht zu gehen. Eutelsat ist hingegen fein raus – 100 Prozent digital. „Wir würden eine marktgetriebene Umstellung in den Kabelnetzen als beste Lösung bevorzugen, doch scheint das angesichts der jahrelangen Diskussionen nicht zu funktionieren“, so Martina Rutenbeck von Eutelsat Kabelkiosk. Schließlich sei selbst die Kabelbelegung über Belegungssatzungen durchaus politisch vorgegeben.
Volker Belz sieht für Tele Columbus/Primacom die Notwendigkeit, 1.500 Kopfstellen umzubauen, und zwar gleich dreimal: Abschaltung des analogen Signals, Simulcast von SD und HD sowie irgendwann die SD-Abschaltung. Mehrere 10 Millionen Euro dürfte das kosten. Zudem gäbe es eine Wettbewerbsverzerrung: Einspeiseentgelte würden nicht gleichmäßig an alle Kabelnetzbetreiber gezahlt. Immerhin – ohne politisch vorgegebenen Umschalttermin geht es laut Belz nicht.
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