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Off Topic Commodore, IBM und Co. Historische Computer retten Daten

DDR-Rechner, Commodore C64 und ehemalige Supercomputer: Mit einem europaweit einzigartigen Projekt werden in der Nähe von München wertvolle Informationen von alten Datenträgern gerettet.
Der Informatikprofessor Uwe Borghoff vor dem Großrechner IBM 705 aus dem Jahr 1957

Hierfür richtet Informatikprofessor Uwe Borghoff auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr in Neubiberg derzeit eine außergewöhnliche Sammlung mit Computern von den 50er-Jahren bis heute ein.

Unter den rund 2000 Geräten sind zahlreiche ehemalige Supercomputer von Cray oder Silicon Graphics, aber auch Commodore-C64-Heimgeräte und alte DDR-Rechner der Marke Robotron. Die Computer werden nicht nur ausgestellt: Sie sind voll betriebsfähig. So können sie auch jahrzehntealte Datenträger auslesen und die Inhalte auf moderne Speicher überspielen. „Die Nasa hat ein vergleichbares Projekt aufgelegt“, sagt Borghoff. „Die hatten Probleme, die alten Daten des Apollo-Programms lesbar zu machen.“
Kistenweise Disketten

Die Schwierigkeiten bei der Nutzung alter digitaler Archive sind vielfältig. In der Staatsbibliothek in München zum Beispiel tauchten kistenweise Disketten auf, deren Geheimnisse vor Ort mit modernen Computern nicht mehr entschlüsselt werden konnten. „Wer hat heute schon noch ein Diskettenlaufwerk an seinem Rechner? Da haben wir geholfen und die Daten wieder lesbar gemacht“, erzählt der Informatiker.

In Großkonzernen wie Versicherungen oder Banken sei man sich des Problems der Datenmigration eher bewusst, berichtet Borghoff. Dort würden Daten ständig auf moderne Speichermedien überspielt und es werde viel Geld in den aufwendigen Prozess gesteckt. Doch in mittelständischen Unternehmen und manchen Behörden sei die Langzeitarchivierung noch kaum ein Thema. „Die vollen Datenträger werden einfach abgelegt und damit hat sich´s“, so der Experte.

Rechnergenerationen verschrottet

Über Jahrzehnte, bis in die 90er hinein, setzte man Magnetbänder zur Archivierung ein. Doch die Lesegeräte und Programme dafür wurden bei der Einführung neuer Rechnergenerationen oft verschrottet. Und auch wer glaubt, dass eine selbst gebrannte CD mit Daten eine sichere Sache ist, dem droht spätestens nach zehn Jahren eine böse Überraschung. Die Scheiben zersetzen sich nämlich über die Zeit selbst. Da sei es wesentlich sicherer, alles auszudrucken und in Ordnern abzuheften, bekennt sich der Computerexperte zu analogen Archiven. Allerdings sei das bei Datenbanken, Animationen oder 3-D-Konstruktionszeichnungen etwa des Eurofighters gar nicht möglich.


In einem denkmalgeschützten ehemaligen Flugzeughangar auf dem Universitätsgelände stehen deshalb nun Rechner aus verschiedenen Jahrzehnten nebeneinander. Sie gehören dem Verein Computer Museum München. Einer der Hauptorganisatoren, John Zabolitzky, hat eine Computersammlung, die in Kellern, Garagen und einer angemieteten Halle auf einem Bauernhof lagerte. Jetzt bekommen die digitalen Schätze in dem Hangar eine feste Heimat. Bis 2013 soll die Einrichtung fertig sein und dann die gesamte Historie der mit Software gesteuerten Rechner präsentieren.
Archäologisches Interesse

Eingesammelt hat Zabolitzky die Rechner zum Beispiel bei der Technischen Universität Berlin, der HypoVereinsbank in München, dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching oder dem Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Sie stellten ihre ausgemusterten Hochleistungscomputer kostenlos zur Verfügung und waren oft froh, dass sich jemand um den Abtransport kümmerte. „Vielen Informatikern sind die Geräte so ans Herz gewachsen, dass sie sie nur ungern verschrotten würden. In der Szene sind wir bekannt. Viele kommen auf uns zu“, sagt Zabolitzky, der seine Motivation als eine Art „archäologisches Interesse“ beschreibt.

Der frühere Professor für theoretische Physik beziffert den Neuwert der Sammlung auf einen dreistelligen Millionenbetrag, der Schrottwert belaufe sich vielleicht auf einige Zehntausend Euro. „Aber der Liebhaberwert ist gar nicht abschätzbar.“

Gewaltige Schrankwand

Besonders stolz ist Borghoff auf einen IBM-Großrechner aus dem Jahr 1957. Das Gerät liest Lochkarten ein und stand früher bei der Firma Farbwerke Hoechst. Der Computer mit den Ausmaßen einer gewaltigen Wohnzimmerschrankwand hat noch keine Schaltkreise, sondern funktionierte mit Röhren. Der Arbeitsspeicher, allein so groß wie ein Fernseher, hat eine Kapazität von 40 000 Zeichen – moderne Laptops kommen locker auf das 100 000-Fache. Derzeit funktioniert das gute Stück noch nicht. „Das ist eine Mammutaufgabe, den Rechner wieder zum Laufen zu kriegen“, glaubt Borghoff. Zehn Jahre Arbeit müsste ein einzelner Experte darin investieren.

Vollständig sei die Sammlung ohnehin noch lange nicht, betont der Informatikprofessor: „Ab 1970 haben wir alles, zum Teil sogar in mehrfacher Ausführung. Aber auf der Wunschliste stehen zum Beispiel noch Prototypen von Xerox.“ Und auch seinen erklärten Lieblingsrechner hätte er noch gerne, einen Cray der ersten Generation. „Der sieht aus wie ein Kachelofen, mit einer umlaufenden Sitzbank. Im Rechenzentrum Stuttgart haben sie wohl so einen. Das wäre schön, wenn der hier bei uns wäre.“
quell: focus.de
 
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